Wahlkampfauftakt der CDU mit Minister Hilbers in Bilm
Der Wahlkampf hat begonnen für die CDU Sehnde. Nach Bilm hatte sie Mitglieder und politisch interessierte Bürger in das Hotel Kapellenkrug eingeladen, um sich dort den niedersächsischen Finanzminister Reinhold Hilbers zum Auftakt anzuhören und mit ihm zu diskutieren. Mit ihm als Gastredner eröffnete die CDU Sehnde unter der Leitung des Stadtverbandsvorsitzenden Lutz Lehmann den Kampf um „Europamandate“ und um das Bürgermeisteramt in Sehnde.
Rund 30 Personen waren der Einladung des CDU-Stadtverbandes gefolgt und saßen im Kapellenkrug, als Lutz Lehmann die Begrüßung des Ministers und der Gäste vornahm. Darunter waren der Bürgermeister und Kandidat Carl Jürgen Lehrke, der Ortsbürgermeister und Regionsabgeordnete Konrad Haarstrich, der Bilmer Ortsbürgermeister Bernd Ostermeyer und der ehemalige Landtagsabgeordnete und Lehrter CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens.
„Es sind noch 90 Tage bis zur Europa- und vor allem zur Bürgermeisterwahl“, eröffnete Lehmann die Veranstaltung und übergab danach das Wort an den Bürgermeisterkandidaten Carl Jürgen Lehrke: „Die Europawahl ist wichtig, die Bürgermeisterwahl aber mindestens ebenso. Eine gute Wahlbeteiligung ist wichtig, vor allem für das Amt des Bürgermeisters. Dabei haben wir klare Themen und müssen sie nicht erst mit Bierdeckeln erfragen“, zeigte er sich wahlkämpferisch. „Wir wollen ein strukturiertes Bevölkerungswachstum, ein Wirtschaftswachstum und eine Zunahme der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze.“ Dazu nannte er die Stichworte „Bildung, Bauen, Sicherheit“ mit Blick auf die KGS, Kitas, Familienzentrum und die Feuerwehrhäuser von Haimar, Sehnde und Höver. „Und nicht viele Kommunen in der Region bieten den Vereinen kostenfreie Sporthallen und hat 580 ehrenamtliche Feuerwehrkräfte – ohne die Kinder- und Jugendfeuerwehren zu vergessen“, fügte er an. „Damit diese Stadt lebenswert bleibt, trete ich für eine weitere Wahlperiode an – und dafür brauche ich Ihre Unterstützung“, schloss er unter dem Applaus der Besucher.
Finanzminister Hilbers sprach dann über Schuldenbremse, Digitalisierung, Nord-LB, Grundsteuer und kommunale Finanzausstattung und sich aufbauenden Nationalismus in Europa. Zudem, so Hilbers, verlieren einige den Überblick und meinte dabei auch auf den US-Präsidenten Donald Trump. „Durch Abschottung geht immer mehr das verloren, was Europa positiv nach vorne bringt: Offenheit, Toleranz und gemeinsame Werte.“ Beim Thema Finanzpolitik erklärte er, dass man nach zehn Jahren steten Wachstums nun mit einem etwas abgeschwächten rechnen müsse. Auch Niedersachsen werde dabei von der Weltpolitik beeinflusst: so beispielweise durch Brexit, US-Handelsbeschränkungen, China-Stahl und Italienischer Haushaltsprobleme. Doch immer noch sei Niedersachsen im Wirtschaftsranking in Deutschland an 3. Stelle, vor Berlin und Bayern. Aber erforderte auch Reformen ein, so bei der Umsatzsteuer, der Körperschaftssteuer, den Abschreibungsregeln und dem Soli, „der für alle abgeschafft gehöre, da es sonst keinen Leistungsanreiz für die weiter Zahlenden gäbe.
Bei den Renten müsse es für die mehr geben, die gearbeitet hätten, aber nur nach einer Bedarfsprüfung. „Alles andere wäre ein falsches Signal an die nächste Generation“, so der Minister. Auch die Diskussion um Hartz IV ist falsch, denn durch die Schröderschen Vorgaben sei Deutschland wieder die Lokomotive Europas geworden. „Fördern und fordern“, zitierte er den Spruch zu Hartz IV, „Aufstehen muss sich wieder lohnen.“ Der Haushalt 2019 erfülle alle Kriterien der Schuldenbremse, die Einnahmen deckten die Ausgaben. „Eine solide Finanzpolitik muss man bis zum Ende denken! Doch man kann auch viel investieren, ohne neue Schulden zu machen.“
Auch zum Breitbandausbau sagte Hilbers, dass man nun rund eine Milliarde Euro ausgibt, um die Giga-Breite für den Mittelstand auch aufs Land zu bringen. So investiert Bayern jährlich 1,5 Milliarden Euro „und wir dürfen den Anschluss nicht verpennen“. Den Gästen erläuterte er dann noch die schwierige Gemengelage zur Nord-LB zwischen Land, Bund, Sparkassen und EU-Kommission – und dem faulen Schiffsportfolio, den es abzustoßen gilt.
In der folgenden Diskussion, die der Bürgermeister mit drei Fragen einleitete, ging es um die Finanzierung der beitragsfreien Kitas und steigende Personalkosten, die Grundsteuerreform und die Straßenausbaubeiträge. Bei den Kitas sei man den Wünschen der Kommunen auf eine Pauschalabrechnung nachgekommen, so Hilbers, zudem habe man „250 Millionen Euro draufgelegt, um Härtefälle abzufangen, die das Kultusministerium nach Abrechnung auszahle. Die Grundsteuer soll „aufkommensneutral“ gestaltet werden und sich nach Fläche, Miete und Bodenrichtwert richten. Im Frühjahr müsse man das erforderliche Gesetz machen und habe dann fünf Jahre für die Umsetzung. Bei den Straßenausbaubeiträgen sollen jedoch die Kommunen einen eigenen Gestaltungsspielraum erhalten, denn „bei einer gesetzlichen Regelung durch das Land würden die Kommunen eine Ausgleichszahlung verlangen. Nun müssen sich die Kommunen eben dem Wettbewerb untereinander stellen. Allerdings darf wegen der Ausbaubeiträge niemand gezwungen sein, sein Haus zu verlassen“, so der Minister.
Im weiteren Komplex der Fragen ging es auch um die Schulden des Landes, ihre Höhe und die Strafgeldzahlung von VW, die Arbeit der Politiker in Aufsichtsräten sowie die Entwicklung von Elektroautos durch VW. Das Geld von VW, so der Minister, werde für spezielle Aufgaben verwendet: Schuldentilgung, Digitalisierung und Krankenhaussanierung als Beispiel. Niedersachsen hat zudem noch rund 61,2 Milliarden Schulden, wobei auch hier 100 Millionen aus der VW-Zahlung zur Tilgung genutzt wurden. In Aufsichtsräten sind Politiker seiner Ansicht nach nur dort erforderlich, wo „Landesinteresse besteht“, sonst wäre dort eher Sachverstand von Nöten. Im Rahmen der Autoentwicklung dürfe man aber nicht die Dieseltechnik verteufeln und schon gar nicht allein aufs Elektroauto setzen. In der Fläche sei eher ein Wasserstoffantrieb von Nutzen. Auch bei der Digitalisierung unterliegt das Land zusätzlichen Einschränkungen seitens der EU-Kommission, die den staatlichen Eingriff nur dort erlaubt, wo keine Privatinvestition erfolgt. Deshalb müsse man seiner Ansicht nach bei der Versteigerung der 5-G-Lizenzen auch andere Kriterien als Geld vorsehen, so beispielsweise die Netzabdeckung von 95 Prozent in der Fläche. Zum Schluss gab es dann noch die Frage nach der Entwicklung des „Marienburgankaufes“ durch das Land, wobei der Minister verdeutlichte, dass das Land nur dort kaufen dürfe, wenn das Land dafür ein „Erfordernis sehe“. Das sei hier nicht der Fall – und zudem die Eigentumsverhältnisse „unklar sind“.
Nach etwa eineinhalb Stunden dankte dann Lehmann im Namen der Sehnder CDU dem Finanzminister und gab ihm als Dank eine Auswahl der lokalen Biere aus Rethmar mit auf den Rückweg nach Hannover.
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