Klimazentrum in Bolzum nimmt Fahrt auf – Vorzeigeprojekt für Nachhaltigkeit
Für ein gutes Klima im Dorf setzen sich viele engagierte Menschen in Bolzum und Wehmingen ein. Mit viel Rückenwind der Stadt Sehnde und den Ortsräten beider Dörfer entsteht hier ein Klimazentrum. Auf Einladung des DorfVereins „Gutes Klima im Dorf“ trafen am Sonnabend, 13.11.2021, die Beteiligten unter 2-G-Bedingungen zusammen und diskutierten gemeinsam mit über 60 interessierten und engagierten Bürgern Perspektiven und aktuelle Aufgaben für die Realisierung des Klimazentrums.
Ein Dach für soziale und ökologische Dorfentwicklung
Als Modellort für gelebten Klimaschutz soll das Klimazentrum als Dachprojekt für die Sehnder KlimaNachbarschaft allen offen stehen. Aufbauend auf dem Bürgerbeteiligungsprozess des Verbundprojekts GutKlima hat die Stadt Sehnde zur Umsetzung des Aktionsplans ein 250 Jahre altes Fachwerkhaus im Dorfmittelpunkt von Bolzum gekauft, in dem bereits über 1000 Stunden ehrenamtliche Vorarbeit für die Sanierung geleistet wurden. Der Altbau wird modellhaft energieeffizient saniert und für die neuen Anforderungen um- und ausgebaut. „Die Motivation der Bolzumer und Wehminger ist sehr ausgeprägt und wirklich beeindruckend. Das hat uns als Stadt davon überzeugt, die Realisierung des Klimazentrums nicht nur finanziell zu unterstützen, sondern auch ein echter Treiber des Projekts zu werden“, erläuterte Olaf Kruse, Bürgermeister der Stadt Sehnde, die Rolle der Stadt in diesem Großprojekt. Darüber hinaus konnten Fördermittelgeber vom Bund, vom Land Niedersachsen und der Region Hannover für die Umsetzung des Projekts gewonnen werden. Auch die Energieversorgung Sehne plant eine Kooperation.
Lokale Kreisläufe, kurze Wege, Teilen statt Haben
Die Begeisterung für nachhaltige Projekte in Bolzum hat Geschichte: mit der Eröffnung eines Dorfladens mit angeschlossenem Dorfcafé wurde 2015 ein aktiver Treffpunkt und Ausgangspunkt für diverse Aktivitäten und Veranstaltungen geschaffen. Im Fahrwasser der Dorf-Dynamik wurde das Verbundprojekt GutKlima ermöglicht und der gemeinnützige DorfVerein Gutes Klima im Dorf im vergangenen Jahr gegründet. Er setzt sich für ein gutes soziales und ökologisches Klima in Bolzum und Wehmingen ein und zählt trotz widriger Bedingungen in Corona-Zeiten bereits 163 Mitglieder. So bietet der Verein eine Rechtsform für die entstandenen Bürgerprojekte an, möchte aber auch andere Vereine in den Orten unterstützen und Menschen miteinander vernetzen. Deshalb wird auch auf eine Mitgliedsgebühr verzichtet. Der Verein hofft eher auf Spenden für bestimmte Vorhaben, die den Satzungszielen entsprechen. Mit Auslauf der GutKlima-Förderung im kommenden Jahr können der DorfVerein und das Sehnder Klimazentrum den Bürger-Projekten die Weiterführung ermöglichen. So wird sich im Klimazentrum beispielsweise eine Reparatur- und eine Nähwerkstatt ansiedeln, ein Kleiderkreisel wird Second Hand-Kleidung annehmen und abgeben, ein Coworking-Space ermöglicht gemeinsames Arbeiten ohne lange Wege, eine DorfHochschule mit einem vielfältigen Seminar- und Veranstaltungsangebot wird Wissen vermitteln und erhalten und eine Ausleihstation für E-Roller, E-Fahrräder und E-Lastenräder soll die Begeisterung für neue Mobilitätskonzepte verstärken. Die Umsetzung wird nur mit ganz vielen Menschen funktionieren, die das wirklich wollen. „Bolzum entwickelt sich gerade sehr dynamisch. Die Ideen und Gruppen rund um das Klimazentrum bringen Menschen aller Altersgruppen aus unserem Ort neu zusammen“, freut sich Dr. Silke Lesemann, Ortsbürgermeisterin von Bolzum.
Eine besondere architektonische Aufgabe
Den CO2-Fußabdruck von Bauprojekten möglichst gering zu halten, ist ein wesentliches Puzzleteil der nachhaltigen Stadt- und Dorfentwicklung. „Das Bauen im Bestand ist immer ein ganz besonderes Problem! Das Klimazentrum begeisterte uns. Nicht zuletzt, weil wir hier zeigen können, wie man alte Bauten energieeffizient sanieren und auf diesem Wege vielleicht auch den Einen oder Anderen davon überzeugen kann, warum es häufig klimafreundlicher ist, zu sanieren als abzureißen“, erklärte die beauftragte Architektin Dagmar Schierholz vom Architekturbüro shh.Architekten. Darüber hinaus sieht sich das Projekt aktuell mit den generellen Schwierigkeiten der Branche, steigenden Preisen für Baustoffe und Nicht-Verfügbarkeiten der notwendigen Gewerke, konfrontiert. Das hat auch zu Verzögerungen im Projektverlauf geführt und zur Notwendigkeit, weitere Fördermittel zu akquirieren. Die Gesprächsteilnehmer zeigten sich zuversichtlich, dass zumindest Teile des Klimazentrums Ende nächsten Jahres eröffnet werden können. Um dieses Ziel zu erreichen, boten auch am Sonnabend nach dem offiziellen Teil wieder viele Besucher ihre Unterstützung an – von Suppe kochen für Baustellenhelfer bis zum Angebot, einen Bagger zustellen.
Modellcharakter bewahren
Das Projekt bietet einen ambitionierten Blick auf zukünftige Möglichkeiten nachhaltiger Entwicklung ländlicher Räume und hat das Potential als Blaupause für die Dorfentwicklung. Funktionieren kann dies aber nur, wenn das Engagement und der Enthusiasmus vieler Menschen – auch über Dörfergrenzen hinweg – anhält, durch noch weitere helfende Hände unterstützt und so die alten Mauern mit Leben gefüllt werden.
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