Modellprojekt in Höver: Holcim holt CO2 aus Abgas

Mit einer Modellanlage, entwickelt von Cool Planet Technologies Limited (CPT) und dem Helmholtz-Zentrum Hereon, will die Firma Holcim in einem Pilotprojekt in Höver das CO2 aus der Abgas filtern und verflüssigen. Dann soll das Gas entweder weiterverwendet oder in aufgelassene Erdgaslager im europäischen Ausland eingelagert werden. Die Anlage hat Modellcharakter und wird im Werk in Höver Anfang des kommenden Jahres installiert werden. CO2 kann auch für synthetischen Kraftstoff verwendet werden. Dafür soll eine Modellanlage von LafargeHolcim mit Partnern entwickelt werden, allerdings in Mannersdorf in Österreich. Mit den Projekten setzt Holcim seine Bemühungen um klimaneutrale Herstellung von Baustoffen fort..

Relativ kompakt und übersichtlich stellt sich die Versuchsanlage dar – Foto: Hereon

Das höversche Projekt basiert auf der Membrantechnik von Hereons PolyActive und wird zunächst mit einem Container 5600 Tonnen des klimaschädlichen Gases extrahieren; das entspricht einer Emission von etwa 0,43 Prozent des Gesamtvolumens. Was zunächst klein aussieht, soll bei Erfolg stufenweise ausgebaut werden und bis zur letzten Stufe 2026 dann 1,3 Millionen Tonnen CO2 – also fast 90 Prozent – des anfallenden Gases extrahieren. Das hochreine CO2 kann dann weiterverarbeitet werden zu synthetischem Kraftstoff oder Kunststoff – oder es wird in leere Erdgaslager eingeleitet. Der Abtransport des Gases ist entweder über Straße – oder effizienter – über den Mittellandkanal möglich. Mit Blick auf die Pilotanlage in Österreich wäre auch – spekulativ – eine Weiterverarbeitung in der Nähe denkbar.

Das Ziel des Anlagenbetriebs in Höver ist es, Leistung, Wirtschaftlichkeit und Einsatzverhalten im größeren Maßstab zu demonstrieren. Im Anschluss werden die Partner anstreben, einen Rahmen für die Implementierung der Technik in anderen deutschen Zementwerkstandorten von Holcim zu etablieren. Falls der Versuch in Höver erfolgreich ist, soll die Anlage in zwei weiteren Phasen – geplant für 2024 und 2026 – so erweitert werden, dass erst 170 000 und dann 1,3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr abgetrennt werden können. Die finale Ausbaustufe wird in der Lage sein, 90 Prozent der CO2-Emissionen der Anlage in Höver abzutrennen und hochreines CO2 in flüssiger Form auszufiltern.

Eine Endlagerung unter der Erde kommt nur dann in Betracht, so Holcim, wenn ein Abnehmer für das Gas fehlt. Diese Frage wird sich aber wohl erst stellen, wenn die mittelfristige Ausbaustufe erreicht ist.

Am Ende soll fast der gesamte CO2-Anteil des Werkes in Höver aus der Abluft entfernt werden – Foto: JPH

Andrew Corner, Managing Director CPT, lobt die neue Technik: “Wir sind hoch erfreut, mit Holcim zusammen zu arbeiten und so zu helfen, seine CO2 Emissionen zu senken. Zement wird für Jahrhunderte ein wichtiger Baustoff bleiben und somit ist die Dekarbonisierung seiner Herstellung ein essentieller Beitrag zum Erreichen von Netto-Null. Die Technologie von CPT und Hereon wird mehr als 90 Prozent des in Höver emittierten CO2 abtrennen.“

CPT kooperiert bei dem Projekt mit Hereon, einem Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, Deutschlands größter außeruniversitärer Forschungsinstitution, um die PolyActive Membrantechnologie nach einem Jahrzehnt der Entwicklung zu kommerzialisieren. Diese Technik wurde entwickelt, um CO2 aus Gasströmen abzutrennen und ist bereits erfolgreich im Labor und in Pilotstudien in zwei Kohlekraftwerken im Rahmen der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Studie erprobt.

Arne Stecher, Leiter der Abteilung Dekarbonisation bei Holcim Deutschland ist von dem Vorhaben überzeugt: „Carbon Capture wird in der nahen Zukunft eine Notwendigkeit für Zementwerke sein. Daher suchen wir nach der besten Carbon Capture Technologie. ‚Die Beste‘ heißt für uns: einfach, skalierbar und adaptierbar an viele Zementanlagen bei gleichzeitig den geringsten möglichen Produktionskosten, um damit auch nachfolgende Wertschöpfungsketten zu unterstützen. Der membranbasierte Ansatz von Cool Planet Technologies ist eine vielversprechende Lösung. Daher sind wir und unsere Partner auf dem Weg, die Einsatzfähigkeit erheblich zu verbessern.“

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