Aktion zum Internationalen Tag gegen Gewalt: Orange Day in Sehnde
Häusliche Gewalt nimmt zu; das bestätigen die polizeilichen Einsatzzahlen sowohl auf Bundesebene als auch in Sehnde. Häusliche Gewalt beschränkt sich nicht auf ein bestimmtes Alter oder eine bestimmte Hautfarbe und betrifft alle Arten familiärer Beziehungen und soziale Klassen. Statistiken zeigen, dass 12 bis 15 Prozent der Frauen in Europa jeden Tag Opfer häuslicher Gewalt sind. Sie ist eine der am weitesten verbreitete Menschenrechtsverletzung weltweit.
Aus dieser Situation ist der Orange Day entstanden, der die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf diesen dunklen Aspekt des Zusammenlebens in meist häuslicher Gemeinschaft richten möchte. „Nicht weg-, sondern hinsehen und helfen“, so ist der Gedanke dahinter.
Aktion vor dem Rathaus
Auch in Sehnde sind im vergangenen Jahr 91 Fälle von häuslicher Gewalt – zumeist gegen Frauen – von der Polizei registriert worden. Wobei die Dunkelziffer sicher mindestens ebenso hoch sein dürfte. „Meist dauert es bis zu sieben Jahren, bis sich Frauen von ihren Partnern trennen“, so Jennifer Glandorf, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Sehnde bei der Aktion zum Orange Day auf dem Platz vor dem Rathaus in Sehnde.
Am Montag, 25.11.2024, sind deshalb auf dem Rasen vor dem Rathaus 91 rote Schuhpaare gestellt worden, die die Taten in Sehnde symbolisieren sollen. Neben dem Bürgermeister Olaf Kruse, der Landtagsabgeordneten Dr. Silke Lesemann, der Ersten Stadträtin Anne Günther und der Ortsbürgermeisterin Almuth Gellermann aus Wassel waren neben dem Organisator, dem Arbeitskreis gegen häusliche Gewalt der Stadt, rund 25 Personen gekommen, um dort ihre Solidarität auszudrücken.
Wegsehen das falsche Signal
„Wir dürfen nicht wegsehen, wenn wir in unserer Nachbarschaft derartige Vorgänge erkennen“, sagte der Bürgermeister anlässlich der Aktion. „Das Schlimme daran ist, dass die tödlichen Angriffe in der Partnerschaft zunehmen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir in der Zukunft hier nicht mehr zu diesem Anlass stehen müssten – aber das Vermeiden wird wohl nie gelingen. Aber jeder Fall weniger ist eine gute Entwicklung.“ Daher, so schloss das Stadtoberhaupt, sei Prävention sehr wichtig.
Dr. Silke Lesemann führte aus, dass dieser Tag eigentlich nicht nur einmal im Jahr als Aktionstag seien dürfte, aber es sei gut, dass es diesen Tag überhaupt gebe. „Wir hoffen mit Blick auf diesen Tag darauf, dass die Regierung und die Opposition in Berlin das geplante Gewaltschutzhilfegesetz noch vor den Neuwahlen verabschieden würden. Denn wir brauchen eine gesicherte Finanzierung für die Hilfen bei häuslicher Gewalt, um die Unterstützung für die Frauenhäuser dauerhaft abzusichern.“
360 Frauen im Jahr 2023 getötet
„Wir setzen in Form der roten Schuhe ein Zeichen der Solidarität mit von Gewalt Betroffenen. Jedes einzelne Paar steht für einen Polizeieinsatz im Kontext häuslicher Gewalt in Sehnde“, berichtet Jennifer Glandorf aus dem Arbeitskreis – und in der Sammlung sind auch Kinderschuhe vertreten. Denn auch schon die Kleinsten werden durch solche Vorgänge in der Familie belastet – und möglicherweise für das spätere eigene Leben vorgeprägt. Auch sie betonte: „Jeder Fall von Gewalt in der Partnerschaft ist ein Gewinn.“ Dabei – so auch eine wichtige Botschaft – ist die Zunahme der Fälle von häuslicher Gewalt nicht einem speziellen Kulturkreis zuzuordnen, wie oft in der Öffentlichkeit spekuliert wird. „Der Anstieg ist über die Jahre nicht erst seit 2015 vielmehr konstant gestiegen“, sagt Glandorf dazu.
Die Aktionsform der „Roten Schuhe“ geht zurück auf die mexikanische Künstlerin Elina Chauvet, die das Projekt „Zapatos Rojos“ (Rote Schuhe) 2009 ins Leben gerufen hat und schon in verschiedenen Ländern Aktionen mit roten Schuhen gemacht hatte, um an vermisste, misshandelte, vergewaltigte und ermordete Frauen insgesamt zu erinnern.
Die Installation war den ganzen Montag über vor dem Rathaus zu sehen und wird nun von Kommune zu Kommune reisen, um ihre Botschaft weiterzutragen: Im Jahr 2023 kamen 360 Frauen durch Partner und Angehörige ums Leben.
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