Nachfrage nach Therapieplätzen, großer Fachkräftemangel: SPD-MdL besuchen Klinikum Wahrendorff
Zu einem Informationsbesuch der drei SPD-Landtagsabgeordneten Dr. Silke Lesemann, Marten Gäde und Oliver Lottke begrüßte der Geschäftsführer des Klinikums Wahrendorff Holger Stürmann in Köthenwald. Die Parlamentarier wollten sich dort aus erster Hand über die Lage in der psychiatrischen Krankenversorgung austauschen und über aktuelle Themen von der Klinikleitung unterrichten lassen.
Stürmann nahm dabei kein Blatt vor den Mund: „Wir müssen in unserer täglichen Arbeit rund 800 Gesetze und 4.000 Verordnungen berücksichtigen, das ist ein enormer Verwaltungsaufwand. Deshalb brauchen wir unbedingt und umgehend einen Bürokratieabbau“. Eine überbordende Bürokratie, der Fachkräftemangel und auch der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in Sehnde und Hannover sind Themen, die Stürmann und seine Kollegen täglich beschäftigen, wie er in dem Gespräch mit der Landtagsabgeordneten für Laatzen, Pattensen und Sehnde, Dr. Silke Lesemann, und ihren SPD-Abgeordnetenkollegen Marten Gäde und Oliver Lottke erklärte. Gäde ist Mitglied im Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung des Niedersächsischen Landtags, Lottke dessen Vorsitzender und Initiator des Besuchs.
Verwaltungsaufwand für die Katz
Der große Verwaltungsaufwand des Klinikums, dessen umfangreicher Neubau von der Landesregierung mit 70 Millionen Euro bezuschusst worden war, habe viele Facetten: So müsse die Einrichtung alle Arbeitsminuten des Personals genauestens erfassen – „eine Aufgabe mit hohem Ressourceneinsatz – Ressourcen, die an anderer Stelle besser aufgehoben wären“, betonte Stürmann. Hinzu kämen jeden Monat verschiedene Berichte an verschiedene Empfänger und künftig die Nachhaltigkeitsnachweise, die einen weiteren hohen zusätzlichen Verwaltungsaufwand mit sich brächten. Der Nutzen dieser „Datenberge“ wird seitens der Kliniker doch sehr in Frage gestellt.
Behandlung steigt, Personal sinkt
Den Fachkräftemangel im Bereich der Pflege bekomme zudem auch Wahrendorff zu spüren, was sich in den nächsten Jahren noch zuspitzen werde. Das ist „unsere größte Herausforderung“, berichtete Stürmann. „Wir schätzen, dass die Nachfrage nach Behandlung um bis zu 20 Prozent steigen wird, die Belegschaft könnte in ähnlichem Umfang schrumpfen.“ Und es ist schwer, Personal für Sehnde zu begeistern, da die Verkehrsanbindung nicht ideal sei und potenzielle Mitarbeiter sich lieber wohnortnahe Jobs suchten. Außerdem mache sich der Wohnungsmangel in Hannover und der Region bemerkbar – für die Mitarbeiter, aber auch für die Patienten, die nach ihrer Entlassung auf Wohnungssuche sind.
Die schwierige Situation in der Pflege mache sich auch noch an anderer Stelle bemerkbar. So müsse das Klinikum Strafen für sogenannte Fehlbelegungen zahlen, weil Patienten, die psychisch und demenziell erkrankt sind, keinen Platz in einem Pflegeheim bekommen. „Viele Pflegeheime lehnen diese Patientinnen und Patienten ab, weil sie personalintensiv sind und die Heime ohnehin schon finanziell ums Überleben kämpfen“, so Stürmann.
Abhilfe nötig
„Was wünschen Sie sich von der Landespolitik“, fragte Lesemann die Vertreter des Klinikums. Die meisten Themen, die das Klinikum gerade beschäftigen, seien allerdings nicht auf Landesebene zu lösen. Die drei Abgeordneten kündigten an, diese Themen aber an die entsprechenden Stellen weiterzuleiten.
Am Ende des Treffens wurden die drei Landtagsabgeordneten durch die Räume des hochwertig gestalteten und lichtdurchfluteten Neubaus geführt. Trotz der Probleme zeigt das Wahrendorff Klinikum, dass mit innovativen Konzepten, einem engagierten Team und einer klaren Vision für die Zukunft auch in schwierigen Zeiten ein wertvoller Beitrag zur Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen geleistet werden kann. „Sie leisten hier sehr wichtige und sehr gute Arbeit“, betonte deshalb auch Lesemann am Besuchsende.
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