Reh vor Travemünde aus Seenot gerettet
Hunger oder Neugier – was ein junges Reh am Sonntagnachmittag, 3. Mai 2020, an den Strand und schließlich in die Ostsee getrieben hat, wird wohl ein Rätsel bleiben. Den Seenotrettern der Station Travemünde gelang es, das Tier aus Seenot zu retten und sicher an Land zu bringen. Ein ganz besonderer Einsatz für die Freiwilligen-Besatzung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS).
Notruf von Passanten
Nur drei Tage nach der Rückkehr von seiner turnusgemäßen Generalüberholung auf die Station Travemünde ist das Seenotrettungsboot Hans Ingwersen einen ungewöhnlichen Einsatz gefahren. Gegen 16 Uhr erreichte der Notruf die Seenotretter: Mehrere Passanten hatten am nördlichen Ende des Travemünder Hauptstrandes ein Reh in der Ostsee erblickt. Alarm für die freiwilligen Seenotretter der Station Travemünde: Die Hans Ingwersen nahm Kurs auf den gemeldeten Uferabschnitt. Mit ihrem geringen Tiefgang kann sie auch dicht unter der Küste hervorragend manövrieren. Nach kurzer Suche fanden die Seenotretter das Tier etwa 300 Meter von Land entfernt.
Vormann Horst-Dieter Eder manövrierte die Hans Ingwersen mit geschickten nautischen Manövern an das Reh heran. „Mehr see- als waidmännischer Sachverstand war dazu nötig. Denn als uns das Tier wahrgenommen hatte, schwamm es bereits in unsere Richtung“, berichtet er.
Zurück in den Wald mit Hilfe der Polizei
Die wohlwollenden Jäger ergriffen ihre Chance, um das Reh aus seiner ausweglosen Lage zu befreien. Sie öffneten die Bergungspforte des Seenotrettungsbootes, eine Tür in der Bordwand nahezu auf Höhe der Wasserlinie. „Allerdings mussten wir ordentlich zupacken“, berichtet die freiwillige Seenotretterin Marina Bülow, die das gewichtige Tier an Bord zog. In der Plicht der Hans Ingwersen machte das Reh zunächst einen stark geschwächten Eindruck, erholte sich aber zusehends – als ob es spürte, dass es bei den Seenotrettern in guten Händen war. Die Besatzung der Hans Ingwersen bat die Wasserschutzpolizei um Unterstützung, um das Tier an Land zu bringen.
Die Polizisten verständigten den zuständigen Jagdausübungsberechtigten. Er schätzte das Reh als etwa zwei bis drei Jahre alt und brachte es in einen nahegelegenen Wald, wo es sich – so hoffen alle Beteiligten – weiter erholen und wieder ganz genesen wird.
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