Mehr als 1000 Teilnehmer bei der DGB Maifeier auf den Lehrter Rathausplatz
Rente, Pflege, Gesundheits- und EU-Politik sowie ungerechte Verteilung des Reichtums, das waren die Themen, die bei der Maikundgebung auf dem Lehrter Rathausplatz von den Rednern angesprochen wurden.
Der 1. Mai ist als Tag der Arbeit fester Bestandteil im Kalender der Lehrter Gewerkschafter. Bei frühlingshaften Temperaturen und Sonnenschein hat es in Lehrte wieder eine überaus gute Teilnahme an der DGB Maikundgebung gegeben. Mehr als 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren auf den mit bunten Transparenten bestückte Rathausplatz gekommen. Der DGB hatte den Tag der Arbeit in diesem Jahr unter das Motto „Europa. Jetzt aber richtig!“ gestellt. Im Rund des Rathausplatzes hatten mehr als 20 Vereine, Verbände und Organisationen Stände aufgebaut, darunter Gewerkschaften, Parteien, dabei auch der Kinderschutzbund, der türkische Elternverein und der Verein „Mach‘ meinen Kumpel nicht an“, der sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit wendet.
Die Maikundgebung begann wie im vergangenen Jahr auch mit einer ökumenischen Andacht, die katholische Pfarrer Franz Kurth und Pastorin Gesa Steingräber-Broder gestalteten. Deutliche Worte fand Pfarrer Kurth, der die soziale Gerechtigkeit einforderte und alle Verantwortlichen gerichtet sagte er: „Politiker, Manager und Konzerne dürfen nicht länger nach dem Satz ‚Nach mir die Sintflut‘ Handeln, denn diese Art der Politik wird die nächsten Generationen belasten.“
Als der Lehrte DGB Ortsverbandsvorsitzende Reinhard Nold nach der Andacht die Veranstaltung eröffnet, ging er auf die aktuelle Situation der Beschäftigten ein: „40 Prozent aller Berufsanfänger bekommen nur noch befristete Arbeitsverträge, nur noch 27 Prozent der Betriebe sind tarifgebunden und die übelste Strategie der Arbeitgeber zur Umgehung der Tarifbindung ist die Ausgliederung. Dabei werden neue Firmen gegründet und Teile der Belegschaft dorthin ausgelagert.“ Nold forderte daher, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung für Tarifverträge weiter zu reformieren und das Vetorecht der Arbeitgeber im Tarifausschuss abzuschaffen.
In dem anschließenden Interview, dass Nold mit der DGB-Jugend führte, antwortete Tabea Völger, Auszubildende zur Heilerziehungspflegerin: „Ich habe Angst vor der Zukunft“. „Dies ist eine klare Antwort und zeigt“, so Nold, „dass die schlechten Arbeitsbedingungen und Einkommen in der Pflege nicht mehr haltbar sind.“ In diesem Zusammenhang überreichten die jugendlichen Hubertus Heil eine Resolution und forderten einen Flächentarifvertrag im Sozial- und Gesundheitswesen sowie die sofortige Einführung bundeseinheitlicher, verbindlicher Personalvorgaben, die dem tatsächlichen Pflegebedarf der Menschen entsprechen. Heil und Barley unterschrieben diese Resolution noch vor Ort mit einem Daumenabdruck.
Auf großes Interesse traf auch die Rede von Norman Happatz, Betriebsratsmitgliede im K+S Kaliwerk Bergmannssegen-Hugo in Sehnde. Er erläuterte, wie die Mitbestimmung in den Betrieben von Betriebsräten und Gewerkschaftern umgesetzt wird, und auf welche Probleme und Hindernisse sie dabei stoßen. Happatz kritisierte, dass nur noch 40 Prozent aller Beschäftigten einen Betriebsrat hätten.
Bis Hubertus Heil ans Rednerpult trat, wurden die gut 1000 Besucher auf dem Rathausplatz von Musiker Christian Prescher und dem Lehrter Tanz-Club unterhalten.
Derzeit sorgt Hubertus Heil mit seinem Konzept einer Grundrente für Aufregung in der Großen Koalition. Heil fordert mit der aus dem Steueraufkommen aufgestockten Grundrente die Anerkennung von Lebensleistungen und möchte so mögliche Altersarmut vermeiden helfen. Auch griff Heil die Stimmung auf, die im Interview mit der DGB-Jugend aufkam und sagte: „In der Gesundheit, Bildung, Pflege seien bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung nötig. Wir müssen Druck auf die Arbeitgeber machen.“ Es sei eine Schande, dass man einen Mindestlohn in der Altenpflege brauche, wo nur noch 20 Prozent der Mitarbeiter tarifgebunden seien. „Auch darf Digitalisierung“, so Heil, „weder im pflegerischen Bereich noch bei Amazon und Co. zur Ausbeutung führen. Ich will Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt.“
Katarina Barley, SPD-Spitzenkandidatin für die EU-Wahl, stellte sich ebenfalls den Fragen von Nold und seiner Stellvertreterin Martina Buchheim zu „Europa“. Barley sagte, dass für sie der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit in ganz Europa ganz oben auf der Agenda stünde, „damit Billigarbeitskräfte nicht hierherkommen, sondern in ihren Heimatländern die gleichen Bedingungen haben“. Neben ihrem klaren Bekenntnis zu einer stabilen und sozialen Union forderte sie darüber hinaus, wie zuvor Klaus Sidortschuk und Hubertus Heil, alle Anwesenden auf, am 26. Mai zur Europawahl zu gehen und demokratische Parteien zu wählen. .
Neben den Reden konnten die Kundgebungsteilnehmer weiterhin dem Gesang von Prescher lauschen, Kaffee und Kuchen sowie Bier und Bratwürstchen zu sich nehmen, mit den Kindern an einem Spielparcours aus Eierlaufen, Sackhüpfen, Erbsenschlagen, Bilderausmalen und Torwandschießen, teilnehmen. Auch eine Square Dance Aufführung des Tanz-Club-Lehrte und der Besuch an den Informationsständen war möglich. Rundum, so die Meinung der Besucher, ein gelungenes Fest mit einer guten Beteiligung.
Anzeige