Glockengeläut in der Ost-Region erinnert an Corona-Opfer
Die Zahl sollte fassungslos machen, bleibt aber abstrakt und wird daher oft nur als eine ansteigende Linie in einer Grafik wahrgenommen: Mehr als 75 000 Menschen sind seit Beginn der Pandemie in Deutschland an oder mit dem Corona-Virus gestorben. Angesichts der menschlichen Katastrophe, die hinter dieser Zahl steht, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für Sonntag, 18. April, zu einer nationalen Gedenkfeier aufgerufen: Die Gesellschaft müsse gemeinsam innehalten und Abschied nehmen.
Bereits für den Vorabend, also für Sonnabend, 17. April, rufen viele Gemeinden im Kirchenkreis Burgdorf zu einem gemeinsamen Gedenken auf: In den Kirchengemeinden Burgdorf (St.-Pankratius und St.-Paulus-Kirchengemeinde), Ehlershausen, Dollbergen-Schwüblingsen, Hänigsen-Obershagen, Uetze, Lehrte (Markus- und Matthäus-Kirchengemeinde), Steinwedel, Immensen, Sievershausen, Arpke, Ilten (auch Höver und Bilm), Sehnde, Rethmar und Haimar erklingt ab 21 Uhr für zehn Minuten das Trauergeläut. Parallel dazu bitten die Kirchengemeinden alle Bürgerinnen und Bürger darum, zur selben Zeit Lichter anzuzünden – in den Fenstern oder Vorgärten, an den Haustüren oder auch auf den Straßen als eine Art Lichterkette und verbindendes Symbol im Gedenken an alle Opfer der Pandemie.
Abschied mit Distanz
„Wir läuten im Andenken an die an Covid-19 Verstorbenen und dadurch auch einsam verstorbenen Menschen“, sagt beispielsweise Johann Christophers, Pastor der Kirchengemeinde Ilten – Höver – Bilm. „Jedes Abschiednehmen ist zur Zeit sehr erschwert. Eine gewisse Angst vor Ansteckung schwingt immer mit. Und auch Nähe zu zeigen – wie beispielsweise durch eine Umarmung in den letzten Stunden – ist nicht möglich“, so Christophers. Um Verbundenheit mit allen Menschen, die unter diesen Bedingungen Abschied nehmen müssen, zu zeigen und der Verstorbenen zu gedenken, werden in den Kirchtürmen die Glocken läuten und zum Innehalten auffordern.
Unterstützung erfährt das gemeinsame Gedenken auch durch Superintendentin Sabine Preuschoff: „Tag für Tag hören wir die Zahlen der Toten. Aber Tote sind mehr als Zahlen – dahinter stehen Menschen, die durch die Pandemie aus dem Leben gerissen wurden. Menschen die gelebt und geliebt, gelacht und geweint haben. Individuelle Biographien mit allem, was das Leben ausmacht. Das Gedenken gilt auch jenen Menschen, die zurückblieben – manchmal ohne einen persönlichen Abschied. Und ohne die helfenden Trauerrituale, weil diese wegen der Pandemie nicht möglich waren. Schließlich denken wir auch an jene, deren berufliche Existenz verloren ging und denen damit der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Das Läuten der Glocken ruft zum Innehalten und zum Gebet für alle diese Menschen.“
Aktion Lichtfenster
Dafür, dass das Gedenken sich nicht in einer einmaligen Aktion erschöpft, steht die Aktion „#lichtfenster“, zu der die evangelische Kirche gemeinsam mit dem Bundespräsidenten aufruft: An jedem Freitag stellen Anteilnehmende in Kirchengemeinden bei Anbruch der Dunkelheit zum Zeichen ihres Mitgefühls Lichter in ihre Fenster und beten auch für die Opfer der Pandemie.
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