Kirchenkreissozialarbeiter Friedhelm Neumann geht in den Ruhestand
Wenn Friedhelm Neumann vor seiner Verabschiedung Ende August auf die Situation sozial benachteiligter Menschen vor 30 Jahren zurückschaut, hat sich in der Gesellschaft kaum etwas zum Guten geändert. Als er damals seine Aufgabe als Kirchenkreissozialarbeiter beim evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Burgdorf übernahm, betrug die Arbeitslosenquote zwischen acht und zehn Prozent. Heute liegt sie eher um die fünf Prozent.
Situation nicht verbessert
Doch schon damals lebte jedes vierte Kind in einer Familie unterhalb der Armutsgrenze, heute ist es jedes fünfte. Schon damals war es sehr schwierig, für eine sechs- bis achtköpfige Familie bezahlbaren Wohnraum zu finden. „Das ist heute noch genauso“, sagt der Diplom-Sozialarbeiter und Sozialpädagoge. Als neue Aufgabe ist die Digitalisierung hinzugekommen. „Wie sollen Armutsfamilien den notwendigen Tablet-PC der Kinder für die Schule bezahlen?“, fragt Neumann. „Da werden Menschen schleichend ausgegrenzt. Das hat etwas mit der Würde der Menschen zu tun. Darauf muss Kirche aufmerksam machen“, sagt Neumann. Es brauche die ständige Erinnerung: „Es ist nicht alles in Ordnung.“
Es ist diese Haltung der nachhaltigen Fürsprache für benachteiligte Menschen, der Fürsorge für Menschen in Schwierigkeiten, die Neumanns Berufsleben durchziehen. Dabei sah es zu Beginn gar nicht danach aus, dass der im Jahr 1955 in Dülken bei Mönchengladbach geborene Neumann für die Kirche arbeiten würde. Er wurde zunächst Energieanlagen-Elektroniker, bevor er sein Fachabitur erwarb und in Hildesheim das Studium der Sozialpädagogik aufnahm. „Das Mitmenschliche war für mich schon immer Thema“, sagt Neumann.
Von Sehnde in den Kirchenkreis
Nach einer Projektarbeit mit arbeitslosen Jugendlichen bei der damaligen Gemeinde Sehnde wechselte Neumann zum Kirchenkreis, um die Geschäftsführung der diakonischen Arbeit zu übernehmen, Netzwerk- und Beratungsarbeit zu leisten. Damals wurden die Wege für Angebote der allgemeinen Sozialberatung und Schuldnerberatung geebnet, später dann für den ambulanten Hospizdienst und die Flüchtlingssozialarbeit. „Das war eine Aufbruchszeit“, sagt der Kirchenkreissozialarbeiter.
In den neunziger Jahren hat sich dann der Kirchenkreis stark für eine würdige Unterbringung von Flüchtlingen engagiert. In diesem Jahrzehnt wurden dann die Ehe- und Lebensberatung eingerichtet und auch die Schwangerschaftskonfliktberatung, alles Angebote, die heute als selbstverständlich gelten und seit den neunziger Jahren auf der Bedarfsliste standen. 2002 begleitete Neumann dann die Überführung der diakonischen Aufgaben unter das Dach des Diakonieverbandes Hannover-Land. Wichtig war dem Sozialpädagogen, auch die diakonischen Initiativen der Kirchengemeinden konstruktiv zu begleiten, zum Beispiel das Diakonieprojekt Spritzenhaus in der Region 2 (Kirchengemeinden Uetze, Hänigsen-Obershagen, Dollbergen-Schwüblingsen). Als besondere berufliche Aufgabe und Gelegenheit, seine „Beratungskompetenz zu verfeinern“ erlebt Neumann die Aufgabe der Schwangeren– und Schwangerschaftskonfliktberatung, für die er sich damals als zweiter Mann in der Landeskirche Hannovers qualifizierte.
Zum Monatsende in den Ruhestand
Neumanns Verabschiedung Ende August muss aufgrund der aktuell geltenden Hygieneregeln im gesondert geladenen kleinen Kreis stattfinden. Der bald 65 Jahre alte Sozialpädagoge aus Algermissen wird den Diakonieverband danach noch weiter mit einem geringen Stundenanteil bei der EDV unterstützen, freut sich aber vor allem darauf, „Dinge tun zu können, ohne sich zu fragen: Hast Du genug Zeit dafür?“
Die Kirchenkreissozialarbeit liegt ab Oktober in den Händen von Imke Fronia, der derzeitigen und zukünftigen Leiterin der Migrationsarbeit des Diakonieverbandes Hannover-Land. Wer Neumanns Stellenanteil in der Schwangerschaftskonfliktberatung ab 2021 übernimmt, steht noch nicht fest.
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