Hunderte Teilnehmer bei DGB Maifeier auf den Lehrter Rathausplatz
Tarifflucht, Arbeitslosigkeit, ungerechte Verteilung des Reichtums, Bildung und Pflegenotstand – das waren die Themen, die bei der Maikundgebung mit dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Stephan Weil, auf dem Rathausplatz angesprochen wurden.
Seit Jahren war dies die erste Maikundgebung, bei der die Gewerkschafter schon beim Aufbau kämpfen mussten. Der Kampf richtete sich allerdings nicht gegen Arbeitgeber oder politische Entscheidungen, sondern gegen das stürmische Wetter. Trotz Verlusts von zwei Pavillons schafften es die Mitstreiter und Mitstreiterinnen des DGB Ortsverbands Lehrte den Rathausplatz mit bunten Transparenten und vielen Info-Tischen von unterschiedlichen Verbänden und Vereinen zu bestückten, um das bunte Rahmenprogramm für die mehr als 800 Besucher, pünktlich zu starten.
Die Maikundgebung begann, wie im letzten Jahr auch, mit einer ökumenischen Andacht, die der Pfarrer Roman Blasikiewicz und Pastor Andreas Anke gestalteten. Blasikiewicz sprach die ungerechte Verteilung der Arbeit an und beklagte die hohe Arbeitslosigkeit in Europa, speziell bei den Jugendlichen. „Die Arbeitslosigkeit hinterlässt seelische Verwüstungen und geht auf Kosten der menschlichen Würde“, sagte er. „Gott sei’s geklagt.“
Als der Lehrter DGB-Vorsitzende Reinhard Nold nach der Andacht die Veranstaltung eröffnete, ging er auf die aktuelle Situation der Beschäftigten ein: „Die Einkommens- und Lebensbedingungen klaffen immer weiter auseinander. Millionen von Beschäftigten sind ohne Tarifvertrag. Sie leben in einem permanenten Zustand von Verunsicherung und sozialer Abstiegsangst, weil Arbeitgeber häufig umstrukturieren und Teile der Belegschaft auslagern, um dann über diesen Weg Tarifflucht zu begehen.“ Nold forderte daher, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung für Tarifverträge weiter zu reformieren und das Vetorecht der Arbeitgeber im Tarifausschuss abzuschaffen.
Der Hauptredner, Ministerpräsident Stephan Weil, prangerte in seiner Rede die in Kette befristeten Arbeitsverträge an. „Ich sage deshalb: Weg mit Kettenverträgen und zeitlicher Beschränkung.“ Zudem drängte Weil darauf, die Werkvertragsregelungen und deren Ausuferungen auf dem Arbeitsmarkt zu ändern. „Es kann nicht sein, dass es in einem so wohlhabenden Land wie Deutschland Menschen gibt, die von ihrem Lohn nicht leben können und der Steuerzahler jedes Jahr zehn Milliarden Euro aufbringen muss, um diese sogenannten Aufstocker zu unterstützen.“ Auch forderte er mehr Zusammenhalt gegen spaltenden Rechtspopulismus, gegen Altersarmut, Tarifflucht und Pflegenotstand.
Auf großes Interesse traf auch die Rede von Stephan Wischhöfer, Personalrat des Zweckverbands Abfallwirtschaft Region Hannover (aha). Er forderte: „Den Lobbyisten muss der Zugang zum Parlament und dem Reichstagsgebäude verboten werden.“ Der SPD, seiner eigenen Partei, empfahl Wischhöfer: „Gebt endlich zu, dass ihr mit Hartz IV so richtig Mist gebaut habt und entschrödert euch.“
Neben den Reden konnten die Kundgebungsteilnehmer dem Gesang der Gruppe „Band Donkey“ lauschen, Kaffee und Kuchen sowie Bier und Bratwürstchen zu sich nehmen, mit den Kindern an einem Spielparcours mit Eierlaufen, Sackhüpfen, Erbsenschlagen, Bilderausmalen und Torwandschießen teilnehmen, der Square Dance Aufführung des Tanz-Club-Lehrte verfolgen und sich an vielen Vereinsständen informieren. Den Nerv der Menschen zu treffen, sie mit unterschiedlichen Angeboten für das Mai-Motto „Solidarität. Vielfalt. Gerechtigkeit.“ zu begeistern, ist für den örtlichen DGB Vorsitzenden aufgegangen: Rundum ein gelungenes Fest.
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