Einigkeit der Parteien in Sehnde: Strabs soll abgeschafft werden

Einigkeit der Parteien in Sehnde: Strabs soll abgeschafft werden
Wolfgang Toboldt (SPD), Ralf Marotzke (CDU), Heike Benecke (CDU), Sepher Amiri (CDU), Max Digwa (SPD), Dr. Marco Schinze-Gerber (CDU) und Edgar Bäkermann (SPD) (v.li.) stellten den historischen gemeinsamen Antrag vor - Foto: JPH

Ein Thema beschäftigt die Sehnder Politik fast so viel, wie die Neue Mitte: die Abschaffung der Straßenausbausatzung, kurz Strabs genannt. Inzwischen haben fast alle Parteien des Stadtrates einen Antrag zu ihrer Abschaffung gestellt, zuerst die AfD, am Montagnachmittag dann CDU/SPD gemeinsam und schließlich am Abend auch die Grünen. Nur die FDP, die schon vor längerer Zeit einen solchen Vorstoß angekündigt hatte, zögert wohl noch.

Drei unterschiedliche Anträge

Alle Anträge haben eines gemeinsam: die Strabs soll weg. Doch während der Antrag der AfD nur die Abschaffung als solches fordert, enthalten die beiden anderen auch Vorschläge zur Gegenfinanzierung der dann fehlenden rund 750.000 Euro. Dabei unterscheiden sie sich allerdings deutlich.

Während die Grünen eine generelle Umlage über die Grundsteuer vorschlagen, wollen die beiden „Koalitionäre“ sie für den Bürger kostenneutral halten. Die Grünen rechnen in ihrem Antrag vor: „Im Falle der Stadt Stade hat man zum Beispiel ausgerechnet, dass für ein durchschnittliches Grundstück von 600 Quadratmetern die Erhöhung der Grundsteuer bei unter 100 Euro pro Jahr liegen würde.“ Zudem soll der Partei zufolge die Strabs rückwirkend sogar zum 01.01.2023 fallen.

Demgegenüber führen die Antragsteller SPD/CDU in ihrem gemeinsamen Antrag aus, übrigens der erste gemeinsame Antrag, dass die Summe durch die zusätzlichen Gewerbe- und Grundsteuern neuer Ansiedlungen und der Windenergieeinnahmen mit rund 0,2 Cent pro Kilowattstunde aufgebracht werden. „Und dabei blicken wir nur auf bereits existierende Gewerbegebiete, neue Geschäfte in der Stadt und Baugebiete“, sagten beide Fraktionsvorsitzende, Sepher Amiri (CDU) und Max Digwa (SPD),  bei der Vorstellung ihres Antrages am Dienstag. „Mit anderen  Gebieten können wir ja nicht rechnen, denn da wissen wir ja nicht, wie sich die Situation überhaupt entwickelt. Und damit wäre der Finanzierungsvorschlag nicht unseriös“, fügt Edgar Bäkermann hinzu. „Zudem haben wir“, so Wolfgang Toboldt, „im Haushalt zuletzt immer besser abgeschnitten als geplant.“

Lösungsweg

Der Antrag der faktischen Mehrheit mit insgesamt 24 Sitzen im Stadtrat dürfte dann auch die Blaupause für die Abschaffung der Strabs werden.  Der Antrag  sieht klar vor, auf eine Grund- und Gewerbesteuererhöhung zu verzichten. Die Grundlage für die Bewertung der künftigen Straßenerneuerung sollen, wie bisher, das jährlich aktualisierte Straßenzustandskataster und der Zustand der Kanalleitungen im Untergrund sein.

Laut den Vertretern von SPD und CDU habe man bereits seit 2020 über die Abschaffung debattiert und beraten, aber es ergab sich eine „finanzielle Lösung nicht, zumal wir die Grundsteuer gerade erst erhöht hatten. Außerdem sind inzwischen die Baukosten immens gestiegen“, so Toboldt, der bereits seit 35 Jahren im Stadtrat aktiv ist und sich an keinen gemeinsamen Antrag der Parteien erinnern kann. Jetzt aber erwarte man allein aus dem Gewerbegebiet Sehnde-Ost einen namhaften sechsstelligen Betrag, ergänzte Digwa die Finanzierungsfrage. „Dazu kommen Gewerbesteuern neuer Firmen und Geschäfte sowie Grundsteuern neuer Bewohner in Sehnde. Denn Sehnde ist eine der wachsenden Kommunen in der Region“, fügte Amiri hinzu.

Inkrafttreten rückwirkend wichtig

Die Kosten der Chausseestraßensanierung würden nach dem Antrag nicht mehr umgelegt – Foto: JPH

Während der Antrag der Grünen das Inkrafttreten rückwirkend ab 1.1.2023 will, ist die Koalition auf den 1.1.2024 gekommen. Bei diesen Daten ist zu beachten, dass man als Kommune nur die Kosten umlegen muss, für die bereits eine Schlussrechnung vorliegt. Würde der Januar 2023 genommen, könnte es zu der Situation kommen, dass die Stadt bei schon im Jahr 2023 eventuell abgerechneten Projekten gegen sich selbst klagen müsste. Nimmt man dagegen das Datum 1.1.2024, dann sind auch die noch nicht abgerechneten Projekte vor diesem Datum erfasst und werden nicht mehr auf die Anleger umgelegt – denn dafür liegt ja noch keine Schlussabrechnung vor. Das betrifft unter anderem auch die mit über eine Million Kosten offenstehende Chausseestraße aus dem Vorjahr. Da die Rechnung für diese Straße noch aussteht, fiele sie auch unter die Neuregelung und die Umlage entfiele. „Auch die Rosen- und Wiesenstraße sowie der Heckenweg und mehr werden so von der Änderung der Strabs erfasst“, sagt  Amiri.

„Es gibt auch noch einige andere Straßen, die nicht schlussabgerechnet sind. Die fallen dann auch darunter“, sagen die Parteienvertreter. Grob zusammengefasst bedeutet das laut Bäkermann, wenn der Stadt keine Endrechnung eines Straßenbauunternehmens bis zur Entscheidung über den Antrag vorliegt , dann muss die Stadt die Anlieger auch nicht mehr zur Kasse bitten – und die erhalten keine Rechnung mehr.

Zeitplan für den Antrag

Deshalb ist auch der Zeitplan der erforderlichen politischen Arbeit wichtig. „Am 15.02. geht der Antrag in die Stadtratssitzung, am 04.03. in den Finanzausschuss, der dann nur über die Strabs beraten wird, und über den Verwaltungsausschuss zur Schlussabstimmung am 18.04. wieder in den Stadtrat“, teilt Heike Benecke, Vorsitzende des Finanzausschusses mit. Und Bäkermann ergänzt: „Wir gehen davon aus, dass bis zum März auch noch keine weiteren Endabrechnungen eingehen werden.“

Zum Schluss führte Amiri aus, dass man mit dem jetzt vorliegenden Plan ein deutliches Signal geben wolle, dass man in Sehnde gemeinsam Lösungen findet – und es solle ein klares Signal auch an junge Familien sein, dass man sich in Sehnde niederlassen könne, ohne unerwartet auf zusätzliche Belastungen zu stoßen und sich hier eine sichere Zukunft aufbauen könne. Und Antragspartner Digwa blickte auf die bereits in Sehnde lebenden Bürger: „Es soll nicht nur wieder Ruhe einkehren in der Stadt, sondern wir wollen auch klarstellen, dass niemand um seine private wirtschaftliche Existenz bangen muss.“

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