Geschwindigkeitsmessungen mit dem Messgerät Leivtec XV3 ausgesetzt – auch in Sehnde
Die Stadt Sehnde hat seit 2020 eine eigenes Geschwindigkeitsmessgerät und damit in der Stadt und den Ortsteilen den Verkehr überwacht. Seit Ende 2020 ist das Gerät XV3 der Marke Leivtec nicht mehr im Einsatz. Nach verschiedenen Nachjustierungen zur Genauigkeit der Messungen wurde es bei der Stadt Sehnde zunächst aus der Nutzung genommen und wartet nun auf technische Änderungen. Die stehen derzeit noch aus.
Dem Gerät waren Fehlmessungen vorgeworfen worden und geblitzte Kraftfahrer zogen deshalb vor den Richter. Nun gibt es eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle zu der Verwertung einer Messung mit Leivtec XV3.
Geschwindigkeitsmessungen von Kraftfahrzeugen werden vor Gericht immer wieder als fehlerträchtig angegriffen. Dabei sind die Messgeräte im Zulassungsverfahren einer strengen technischen Prüfung unterworfen. Besteht ein Gerät diese Prüfung, bietet es bei Einhaltung der vorgegebenen Bedienvorschriften in der Regel die hinreichende Gewähr für die Richtigkeit der erzielten Messergebnisse. Messungen können dann als sogenannten standardisierte Messverfahren in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren ohne weitere Überprüfungen zugrunde gelegt werden, stellt das Gericht einleitend fest.
„Gibt es trotz Einhaltung der Bedienvorschriften jedoch Anhaltspunkte für Fehlerquellen und unzulässige Messwertabweichungen, setzt die Verurteilung eines vermeintlichen ‚Temposünders‘ voraus, dass das Gericht im Einzelfall feststellen kann, dass solche Messfehler zu Lasten des Betroffenen ausgeschlossen sind“, räumt das Gericht weiter ein.
Einen derartigen Fall hatte nun jüngst der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Celle zu entscheiden (Beschluss vom 18. Juni 2021, Az.: 2 Ss (Owi) 69/21): Ein Kraftfahrer wurde mit dem Geschwindigkeitsmessgerät Leivtec XV3 kontrolliert. Hiernach sollte er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von „80 km/h“ um „37 km/h“ überschritten haben. Das Amtsgericht Walsrode hatte ihn deshalb zu einer Geldbuße von 140 Euro verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hin hob der Senat dieses Urteil auf und verwies das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück. Grund hierfür war, dass die für die Bauartprüfung dieses Messgeräts zuständige Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) zwischenzeitlich bei bestimmten Versuchsanordnungen seltene Messfehler reproduzieren konnte, die zulässige Toleranzen überschritten. Da der Abschlussbericht der PTB laut Gericht nicht eindeutig erkennen lässt, unter welchen Messbedingungen sich Messwertabweichungen zu Ungunsten oder ausschließlich zu Gunsten Betroffener auswirken können, sieht der Senat bei diesem Messgerät derzeit keine hinreichende Gewähr mehr für die Annahme eines standardisierten Messverfahrens und für die Zuverlässigkeit der erzielten Messergebnisse.
Das Amtsgericht muss deshalb mithilfe eines Sachverständigengutachtens jetzt genauer aufklären, ob in diesem konkreten Einzelfall die ausgewiesene Geschwindigkeitsüberschreitung sicher festzustellen ist.
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