Bürgermeister-Kandidaten von Sehnde beantworten Leserfragen zu ihrer Politik
Wenn es nach dem Besuch der Bürger bei der Kandidatenbefragung durch den Veranstalter, die HAZ-Redaktion aus Lehrte, geht, sind sich die Sehnder offensichtlich schon weitgehend sicher, wen sie am 26. Mai zum Bürgermeister wählen werden. Denn lediglich knapp 100 Personen hatten den Weg in die KGS gefunden, um die Befragung der beiden Kandidaten, Carl Jürgen Lehrke (CDU) und Olaf Kruse (SPD), die für das Amt des Bürgermeisters kandidieren, durch den Redakteur Oliver Kühn zu hören. Dazu hatte die Zeitung vorher bei ihren Leser erkundet, was denn für sie zu Sehnde und der Zukunft der Stadt von Interesse sei.
Diese Fragen ging Moderator Kühn dann mit den beiden Bewerbern nach Themenkomplexen geordnet durch. Dabei beantworteten die beiden Diskutanten die Fragen nacheinander, kamen aber leider nicht in eine Diskussion untereinander, was natürlich die Unterschiede sowohl in den Sachfragen als auch in der Persönlichkeit deutlicher dargestellt hätte. Lediglich bei zwei Gebieten gab es deutlich gravierend andere Ansätze – bei der Entwicklung der Baugebiete und dem damit einhergehenden Ausbau von Schulen und Kitas.
Ganz vorn war natürlich der Umweltschutz. Das Thema „Assewasser“ wurde besprochen, die möglichen Absackungen wurden erwähnt und die Endlichkeit der Einleitung im Jahr 2021. Weiteres Thema waren die Blühstreifen und ihre Entwicklung sowie ihr Entstehen für Sehnde. Dabei erwähnte Kruse, dass die Idee in Wehmingen entstanden sei und sich nun in die Initiative „Sehnde summt“ entwickelt habe. Lehrke trug vor, dass die Stadt kein Glyphosat mehr einsetze, aber die Stadt eben kein Großgrundbesitzer sei. Dafür arbeitet die Stadt unter anderem an der Renaturierung des Billerbaches und bemühe sich um ökologische Flächenausgleiche. Kruse zeigte sich erfreut, dass man sich in der Stadtverwaltung nun entschlossen habe, auf Glyphosat zu verzichten, machte die Bürger aber darauf aufmerksam, dass man für den Verzicht auf Pestizide und ähnliche Gifte in Kauf nehmen müsse, den Bauhof besser auszustatten, personell wie materiell. Zudem ging es um die CO2-Reduktion beim Alt- und Neubestand an städtischen Bauten. Dabei waren sich die Kandidaten einig, dass man hier eine Vorbildfunktion als Stadt habe, um auch die Bürger einbeziehen zu können. Lehrke ging zudem auf die Fotovoltaik ein und den Einsatz von Blockheizkraftwerken, „aber nicht planlos, sondern im sinnvollen Rahmen“.
Leben und Wohnen in der Stadt war der nächste Themenbereich der Befragung. Derzeit, so Kruse, ist zunächst die Privatwirtschaft bezüglich der Schaffung von Wohnraum am Zug, wozu die Stadt die Voraussetzungen geschaffen hat. Zudem hat die Stadt eine eigene Infrastrukturgesellschaft, die hier aktiv werden könne. Man muss dabei aber auch die Bezahlbarkeit von Wohnraum im Auge behalten, wobei die Stadt mit Partnern und ihrer Gesellschaft aktiv eingreifen könne, um Entwicklungen zu lenken. Speziell das Seniorenprojekt der AWO in Bolzum erwähnte Kruse als Muster für altersgerechtes Wohnen in der Stadt. Lehrke wies auf Planungen in verschiedenen Bereichen hin, so am Bahnhof, der Maschwiese, Rethmar oder perspektivisch auf der Keramischen Hütte, als Planungen für bezahlbaren Wohnraum. Beide sehen Sehnde aber im Gegensatz zur Landeshauptstadt auf einem guten Weg.
Das Waldbad lag einem Leser am Herzen, das man doch auf einer bestimmten Temperatur halten könne. Laut Lehrke laufen die Kosten- und Machbarkeitsprüfungen, man überlege auch die Installation beispielsweise eines Blockheizkraftwerkes. Kruse hob hervor, dass die SPD bei der Modernisierungsplanung mit einem entsprechenden Antrag damals an der CDU-Mehrheit gescheitert seit. Seiner Ansicht nach ist die Badheizung auch ein wichtiger Faktor für die Schwimmausbildung sowohl in der Grundschule als auch im Schulsport der KGS – und wäre somit sinnvoll. Er sprach sich deutlich für die Nachrüstung aus, sagte aber zu den Öffnungszeiten, das man da gesetzlichen Zwängen unterliege. Doch die Stadtverwaltung diene dem Bürger und man müsse da gegebenenfalls nachsteuern. Die derzeitigen Öffnungszeiten sind ein Kompromiss, so Lehrke, und er hob hervor, dass sich ein Bad nie wirtschaftlich betreiben lasse. Generell wäre es sogar wirtschaftlich besser gewesen, Waldbad und Lehrschwimmbecken zu schließen. „Aber das geht gar nicht“, so Lehrke, „im Interesse der Bürger.“
Das Kulturangebot in Sehnde über den Kulturverein ist einem Leser zufolge eher dürftig. Tut man da zu wenig? Ein klares Nein gab es dazu von Lehrke, allerdings gibt es neben dem Angebot in Sehnde die nahe Stadt, und zudem viele Anbieter über dem Kulturverein hinaus. Kruse betonte, dass man zur Vorbereitung viel auf ehrenamtliche Organisatoren setzen müsse. Die aber werden älter und Nachwuchs fehle. Zudem sind Hildesheim und Hannover nah dran – was zu seinem Fazit „das Angebot ist ok“ führte.
Schule und Kita lagen dann gleich mehreren Lesen am Herzen. Kruse zufolge ist die aktuelle Versorgung bezogen auf die Region gut, man dürfe aber bei Neuansiedlungen mit sozialen Einrichtungen nicht hinterher hinken und müsse daher das Tempo der Neuansiedlungen der Entwicklung dieser Einrichtungen anpassen. Das Personal ist zudem der zweite Faktor, den man nicht beliebig vermehren könne. Dabei muss sich Sehnde einer anderen Besoldung anschließen, während Hannover einen eigenen Tarifvertrag habe und dementsprechend die Fachkräfte besser entlohnen könne. Den Verkauf von Baugrundstücken als einen Faktor für die Entwicklung von Kitas und Schulen sieht Lehrke nicht so. Man sei vielmehr mit den bereits initiierten und geplanten Projekten auf dem richtigen Weg.
Natürlich stand auch der Straßenausbaubeitrag, kurz Strabs, auf der Frageliste von Kühn. Abschaffen, so Kruse, wolle er ihn – aber dazu müsse man über eine Gegenfinanzierung nachdenken, das muss dem Bürger klar sein. Anders geht es bei der Straßenbeleuchtung, die die Anlieger auch zahlen sollen – da muss man neu überlegen. Auch Lehrke zufolge werde der Strabs keine Zukunft haben, aber erst müsse man die Landesentscheidung abwarten – schon wegen der Finanzierungsregelung. „Was wir tun können, haben wir in Sehnde ausgeschöpft“, verteidigte er die Sehnder Kreditlösung. Ist das Land sich einige, wollen beide Kandidaten dann den Sehnder Dialog mit den Bürgern dazu wiederbeleben.
Wirtschaftliche Entwicklung und Fachkräfte für Sehnde standen am Schluss der Frageliste. Die haben sich Kruse zufolge leicht nach unten bewegt. Zum Gewinnen von Fachkräften – und Bürgern – muss die Infrastruktur stimmen, so Kruse. „Die Zahlen sehen noch gut aus, aber ich will in den Dialog mit den Arbeitgebern vor Ort treten. Die Stadt wird mit Baugrund, Kitas, Schulen und all dem ihr möglichstes tun, um die Menschen für Sehnde zu gewinnen“, versprach er. Laut Lehrke haben sich die Arbeitskräfte dagegen um 65 Prozent erhöht, und man sei mit der KGS und proBeruf gut aufgestellt, die jungen Menschen in Sehnde in Arbeit zu bringen. Kruse betonte, dass man erst jetzt auf Druck der Politik neue Flächen für die Wirtschaft ausgeworfen habe. Allerdings, hielt Lehrke dagegen, habe die Stadt aber auch keine direkte Förderungsmöglichkeiten.
Juso Kühnert kam auch hier zu Sprache und eine Leserin wollte wissen, ob die SPD auch für Sehnde eine Enteignung plane. Laut Bild, so Kühn, hege jeder zweite Sozialdemokrat Sympathien für Kühners Idee. „Da bin ich dann der erste und dritte“, stellte Kruse schlagfertig fest.
Die Abschlussfrage war die nach der ersten Aktion nach Amtsübernahme – und was man streichen wolle. Als erste Aktion will Kruse sich mit dem Personal befassen und die Mitarbeiter kennen- und einschätzen lernen, und das Team vielleicht effizienter aufstellen. Aber auf etwas zu verzichten, so der Kandidat der SPD, könne er jetzt noch nicht feststellen, das kann erst eine Bestandsaufnahme ergeben. Lehrke ist seit 14 Jahren hauptamtlicher Bürgermeister und hat nach eigenem Bekunden vieles auf den Weg gebracht. Viele Projekte seien aber noch anzuschieben, so beispielweise die E-Mobilität: die Digitalisierung, die zukünftig wichtig sei, komme ja von oben. Aber er beabsichtigt, viele Projekte, die bereits laufen, fortzuführen.
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