Sehnder Rat lehnt Assewasser-Einleitung ab
In dem am Dienstag gefällten Ratsbeschluss bedanken sich die Ratsmitglieder ausdrücklich für die eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme an das Landesamt für Bergbau und Geologie (LBEG) und stellen einleitend fest, dass erhebliche Bedenken gegen die Einleitung bestehen. Sie betonen darin: „Die Stadt Sehnde hält an ihrer Forderung fest, dass die Firma K+S den mit der BGE [Bundesgesellschaft für Endlagerung] bereits geschlossenen ‚Entsorgungs-Vertrag‘ auflöst und sämtliche Planungen zur Entsorgung von Sickerwasser aus der Asse beendet. Es gibt kein Verständnis in der Bevölkerung dafür, Zutrittswasser aus der Asse nach Sehnde zu bringen und in die Schachtanlage einzuleiten.“ Das sei umso unnötiger, als es sich um eine „zusätzliche Entsorgungsoption“ handele, die auf Grund des Befüllungsstandes des Bergwerkes nur für wenige Jahre nutzbar ist.
„Die Stadt Sehnde fordert daher sicher zu stellen, dass Herkunft und Auffangstelle (Teufe im Berg) der Wässer ausschließlich aus der benannten südlichen Flanke des Bebengebirges kommen und diese auch nur ausschließlich oberhalb von den in der ASSE II rückzuholenden und eingelagerten Stoffen/Materialien aufgefangen werden sowie keinen Kontakt mit kontaminierten Lösungen hatten“, heißt es weiter. Die den Antragsunterlagen beigefügte Analytik der betrachteten Probe stelle lediglich eine Momentaufnahme dar, die laufende Veränderungen völlig außer Acht ließe. „Insofern sind bereits die Ausgangswerte in Frage zu stellen“, formuliert der Stadtrat. „Die Stadt Sehnde fordert, dass die Einhaltung der von der BGE angebotenen niedrigeren Grenzwerte für Tritium und Cäsium 137 und weiterer Bestandteile in der Genehmigung als verbindlich erklärt werden.“
Natürlich muss das Sickerwasser auch radionukleidfrei sein, darf keine Betastrahler oder andere gesundheitsgefährdenden Stoffe enthalten. Die „Überprüfung der Analyseergebnisse“, so die Forderung, darf nicht nur, wie angekündigt, einmal jährlich erfolgen, sondern müsse ein kontinuierlicher Prozess und eine engmaschige Kontrolle sein – vor Verklappung in den Untergrund.
Der Forderungskatalog des Stadtrates an die Asse GmbH und das LBEG sieht dementsprechend wie folgt aus:
„Die Stadt Sehnde fordert ein lückenloses Monitoring sicher zu stellen, das mindestens folgende Voraussetzungen erfüllen muss:
a. Die Beprobung muss als Einzelprobe von jedem angelieferten Gebinde genommen werden, d. h. von jeder gelieferten Charge jedes einzelnen Tanklastwagens.
b. Freigabe der angelieferten Charge für die weiteren anstehenden Arbeitsschritte erst, wenn durch zertifiziertes Prüfpersonal die Plombe auf Unversehrtheit und Korrektheit der mitgelieferten Unterlagen bestätigt wurde.
c. Der Stadt Sehnde oder einer von ihr benannten Organisation wird das Recht eingeräumt, jederzeit Proben nehmen und in einem von ihr benannten Labor untersuchen zu lassen. Kostenträger ist die BGE. Zur Sicherstellung dieser Maßnahme sind der Stadt Sehnde die Transporte rechtzeitig vorher anzukündigen.
d. Erst nach vorliegender Analyse, die die Anforderungen aus Punkt c) in allen Punkten erfüllt, darf ASSE-Wasser in das Sehnder Bergwerk eingeleitet werden. Bis dahin müssen die entsprechenden Wässer zwischengelagert werden.
e. Die Dokumentation der Annahme und Einleitung der Wässer hat nach höchstmöglicheStandards zu erfolgen und muss mindestens 6 Jahre aufbewahrt werden.
f. Alle Mengen und Analyseergebnisse jeder einzelnen Probe sowie die jeweils benannten Probennehmer und Labore müssen im Internet veröffentlicht werden und für jeden Bürger einsehbar sein. Den Bürgern ist ein Informationszugangsrecht zu gewährleisten.
g. Die durch Einleitung und Bewetterung entweichende Grubenluft muss ebenfalls entsprechend lückenlos untersucht, die Untersuchungsergebnisse müssen wie unter Buchstaben f) sowie g) beschrieben dokumentiert und veröffentlicht werden. Dies gilt, solange Gase das Grubengebäude verlassen, auch dann noch, wenn die Flutung des Grubengebäudes bereits abgeschlossen ist.
h. Es ist sicher zu stellen, dass der Vorgang der Annahme, Beprobung und der Zwischenlagerung bis zum Vorliegen der Analyseergebnisse, d. h. das Monitoring für alle Situationen (Regelbetrieb und Notfallbetrieb) vorbereitet und ausgelegt sein muss.
Auch die Anlieferung wird vom Stadtrat differenziert gesehen und soll bestimmten Sicherheitskriterien folgen, wobei die Einlagerungsmenge nicht beliebig ausgeweitet werden darf. Unabhängig davon sind sicher auch die Städte entlang des Transportweges nicht erbaut über die Anfuhren, wie erste zarte Bedenken von dort erahnen lassen.
Als Fazit des Stadtrates heißt es abschließend: „Im Ergebnis ist festzustellen, dass es unkalkulierbare Risiken gibt und die Stadt Sehnde durch den Imageverlust in ihrer weiteren positiven Entwicklung empfindlich gestört wird. Deshalb wird das Vorhaben von der Stadt Sehnde abgelehnt.“
Damit sind zwei Positionen nun klar formuliert: Die Stadt Sehnde will kein Assewasser im Untergrund von Sehnde und Lehrte haben. Aber, wenn Bergrecht weiterhin Priorität hat und die Verträge Bestand haben, wollen die Stadtväter einige dicke Korsettstangen in den Prozess der Verklappung eingezogen wissen, damit die Bürger weiterhin an der Oberfläche ruhig leben können. Nun ist die Landesregierung in der Verantwortung und man darf gespannt sein, inwieweit das Interesse der Bürger in einem bislang rein wirtschaftlich-politischen Prozess berücksichtigt wird.
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