Streit um Trauzimmer: RMS kündigt Nutzungsvertrag vor Ratsbeschluss

Unter dem Stichwort „Verein zeigt Zivilcourage“ nimmt die Vereinsführung des Regionalmuseums Sehnde (RMS) in einer Pressemeldung Stellung zu den Vorgängen um das Trauzimmer und der Ratsbeschlussvorlage zu dessen Kündigung (SN berichtete). Die Stadt Sehnde hat auf ihrer Tagesordnung für die Ratssitzung am Donnerstagabend, 23.09.2021, auch den Beschlussvorschlag über die Kündigung des Trauzimmers im RMS stehen. Demnach soll der Vertrag fristgerecht zum Jahresende auslaufen.

Verein übersendet Kündigung vor Ratssitzung
Die Trauungen im RMS waren vielfältig und gut gebucht – Fot0: JPH/Archiv

Dem will der Verein mit einer eigenen Kündigung zuvor kommen und hat diese am Mittwoch dem Rathaus zugeleitet, teilt der Verein in seiner Pressemitteilung mit. Er schreibt dazu: „Wegen unüberwindlicher Differenzen mit Bürgermeister Olaf  Kruse  hat der Verein Regional- Museum den Nutzungsvertrag für die Trauungen (Trauzimmer) in den Museumsräumen auf dem Gutshof Rethmar gekündigt. Nach der neuen Umorganisation sollten die Trauungen mehrheitlich dem Straßenbahnmuseum auf Hohenfels zugeschlagen werden, die Brautpaare können also nicht frei entscheiden, wo ihre Vermählung stattfindet. Vorgeschoben wurden organisatorische Probleme, die es nach dem Vorsitzenden Erhard Niemann schon durchgehend seit der Entstehung vor neun Jahren immer wieder gegeben hat. Niemann, der bei allen bislang 120 Trauungen persönlich dabei war, bringt kein Verständnis dafür auf, dass ehrenamtliche Menschen wesentlich flexibler und motivierter ihre Pflicht tun, wie Leute aus dem Rathaus [mit – Red.] Bezahlung.“

Verein sieht keine Neutralität bei Terminvergabe

Weiter heißt es von Seiten des Vereins: „Das Fass lief über, als Kruse sich hinterrücks einen Schlüssel für die Museumsräume vom Gutshofteam besorgen wollte, am Vorstand vorbei. ‚Das käme einem Hausfriedensbruch gleich, und wäre zur Anzeige gebracht worden,‘ ist sich der Vorstand einig. Der Verein hatte vor ca. zehn Jahren ein Konzept vorgelegt mit dem Ziel, Trauungen im Regional-Museum anzubieten. Der Rat der Stadt Sehnde hatte dies positiv entschieden, und  Mitte des Jahres 2011 war es dann im Regional-Museum möglich. […]

Das Straßenbahnmuseum in Wehmingen bietet auch ein Trauzimmer – von April bis Oktober – Foto: JPH/Archiv

Aufgrund der steigenden Nachfragen die auch persönlich beim Vorsitzenden Erhard Niemann eingingen, machte er die Eingabe, Termine zu erweitern. Am 30. Dezember 2019 ging bei ihm ein Schreiben vom Standesamt mit einem Konzept ein. […] Mit diesem Vorschlag ist keine Neutralität gegeben. Die Brautpaare können nicht frei entscheiden, wo sie sich trauen lassen möchten, sondern die Verwaltung gibt das vor. Außerdem sind die beliebten Trauungstermine dem Straßenbahnmuseum Hohenfels zugeschlagen worden, und diese Veränderungen ergaben sich, seit Olaf Kruse Bürgermeister der Stadt Sehnde ist.“

Dabei wirft der Verein dem Bürgermeister in seiner Pressemeldung vor, dass man es seitens des Vereins nicht akzeptieren könne, dass der Bürgermeister als Standesbeamter im Museum Trauungen vornähme. Es sei die „Vertrauensbasis zerstört“. Außerdem zieht sich der Verein der Pressemeldung zufolge aus den Ferienpassaktionen der Stadt Sehnde zurück und stellt deren Unterstützung ein.

Kündigung durch den Verein nicht rechtswirksam

Dazu teilt die Stadtverwaltung am Mittwoch mit: „Eine Kündigung der Nutzungsvereinbarung für das Trauzimmer im Regional-Museum Sehnde seitens des Vorstandes des RMS ist heute [Mittwoch – Red.] per Post bei der Stadt Sehnde eingegangen. Diese Kündigung ist mangels Unterschrift nicht wirksam und hält zudem nicht den möglichen vertraglichen Kündigungszeitpunkt ein.“

Straßenbahn- oder Regionalmuseum: das Brautpaar entscheidet
Das Rathaus sieht die Lage um das Trauzimmer anders – Foto: JPH

Außerdem verwehrt sich die Stadtverwaltung gegen die Behauptung des Vereins, man wolle dem Straßenbahnmuseum in Wehmingen die Trauungen zukommen lassen. „Im Februar 2018 hat der Rat der Stadt Sehnde einstimmig die Widmung eines weiteren attraktiven Trauzimmers im Hannoverschen Straßenbahn-Museum beschlossen. […] Trauungen im Straßenbahn-Museum können – passend zur Öffnung des Museums – lediglich von April bis Oktober jeweils am 4. Freitag eines Monats durchgeführt werden“, heißt es in der Stellungnahme der Stadtverwaltung.

Weiter wird ausgeführt: „Die Planungen der Trautermine und -orte sowie die konkreten Abstimmungen mit den Brautpaaren erfolgen ausschließlich durch das Standesamt und nicht durch den Vorsitzenden des Regional-Museums-Sehnde, der keine diesbezügliche Befugnis hat. Gleiches gilt für die Einteilung der die Trauungen durchführenden Standesbeamt*innen. Entgegen der Behauptung von Herrn Niemann können die Brautpaare sehr wohl frei entscheiden, in welchem der drei Trauzimmer sie sich trauen lassen möchten.“

Hausverbot vertragswidrig

Auch zum Hausverbot nimmt die Stadtverwaltung Stellung. Es heißt dazu: „Das vom Vorstand des Regional-Museum-Sehnde ausgesprochene Hausverbot gegen Herrn Bürgermeister Kruse als Standesbeamten ist vertragswidrig und sowohl damit als auch in Bezug auf die Rechtsstellung von Standesbeamten, für die ein Hausrecht an den Orten einer Trauung besteht, rechtswidrig. […] Auch die Entscheidung, welche*r Standesbeamt*in die Trauungen durchführt oder die Ablehnung einer*s Standesbeamten obliegt nicht dem Vorstand des RMS.“

Zudem ist anzumerken, dass die Räume auf dem Gutshof der Stadt Sehnde vom Eigentümer mit Mietvertrag vom 10.02.2005 ab 15.09.2004 zur ausschließlichen Nutzung als Museum überlassen worden sind. Für das Museum besteht demzufolge nur ein Untermietvertrag.

Der Ratsentscheid über die Kündigung erfolgt in der öffentlichen Sitzung am heutigen Donnerstag, 23.09.2021, in der Mensa der KGS Am Papenholz ab 18 Uhr (SN-Bericht dazu). Dort dürfen Bürger auch Fragen vor und nach der Sitzung stellen.

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