Landwirteprotest in der Region: Auch städtische Brunnen mit Nitrat belastet

Die Landwirte in der Region Hannover haben im Rahmen ihrer Kampagne für gleiche Produktionsbedingungen in Europa am vergangenen Donnerstag, 05.03.2020, eine weitere Protestaktion gestartet. Dabei ging es um die von Deutschland gemeldeten und der EU verarbeiteten Nitratbelastungen in Brunnen und Grundwasser.

10 Landwirte samelten sich vor Köthenwald zur Fahrt nach Hannover mit Julian Rathmann (2.v.re.) – Foto: JPH
Landwirte fühlen sich allein gelassen vom Ministerium

Die Landwirte werfen der Bundesregierung und dem Landwirtschaftsministerium vor, dass die der EU gemeldeten Messergebnisse veraltet seien und nicht auf landwirtschaftliche Düngung allein zurückzuführen seien. Zudem fordern sie den Einsatz des Ministeriums auf europäischer Ebene, damit die Messungen und Auswertungen in den EU-Ländern nach einheitlichen Normen erfolgen. Sonst, so die Protestierenden, erleiden sie mit Duldung der Politik Wettbewerbsnachteile gegenüber den anderen Landwirten in den produzierenden Ländern der EU. „Miteinander reden“, fordern sie von der Bundeslandwirtschaftsministerin.

Landwirte aus dem stadtnahen östlichen Umfeld von Hannover trafen sich am Donnerstag deshalb zur Brunnenschau. Sie wollten darauf aufmerksam zu machen, dass stadtübergreifend Brunnen mit Nitrat belastet sind. Aus Sehnde waren wieder rund zehn Bauern dabei. „Auch städtische Brunnen ohne landwirtschaftlichen Einfluss sind mit Nitrat belastet“, sagt Julian Rathmann aus Sehnde und zeigt auf eine Karte vom Stadtgebiet Hannover. „Insgesamt an acht städtischen Messstellen werden signifikante Mengen Nitrat gemessen.“

Auch Brunnen in der Stadt haben zu hohe Werte

Und tatsächlich, ob im Zooviertel, Oberricklingen oder Letter – überall weisen Brunnen, die in Wohngebieten liegen, deutlich konstant bleibende Nitratwerte auf. Genau diese Tatsache war Anlass für die Landwirte zum Protest. Denn hier kann die Ursache nicht bei der Landwirtschaft liegen. Aber dieser Umstand wird von Seiten der Politik nicht weiter verfolgt, so ihre Angabe. Zwei dieser Messstellen, auf der Karte mit Nr.1 und Nr.4 markiert, liegen dabei über dem zulässigen Höchstwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser. Einer mitten in Anderten zeigtseit Jahrzehnten durchgehend 53 bis 59 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser. Und bei einer weiteren, kaum 500 Meter entfernt liegenden Stelle, bei einem Biohof, der in Hannoverschem Besitz ist, zeigen die Werte zwischen 70,8 und 108 Milligramm pro Liter.

Brunnen im Stadtbereich zeigen auch höhere Werte – ohne Landwirtschaft – Foto: F. Lehrke

„In Hannover gibt es alle paar hundert Meter eine Messstelle und auf dem Land sollen unsere Flächen in das Rote Gebiet fallen, wobei nur in Immensen/Region Burgdorf und Schwicheldt/Region Peine Messstellen ausgewiesen sind. Da sind 35 Kilometer Luftlinie dazwischen, sowas ist nicht aussagekräftig für meinen Betrieb in Rethmar“, sagt Axel Friehe zu Recht. Außerdem gibt es keine Standards, jeder Brunnen ist verschieden tief. Von Brunnen Nr.8, der nur 0,79 Meter an der Filteroberkante ausweist, bis hin zu Brunnen Nr.3, der erst mit 65,83 Meter beginnt. „Wie soll so anständig und belastbar Nitrat gemessen werden?“, fragt Fabian Lehrke.

Einheitliche Vorgaben zur Messung in der EU gefordert

Auch Rathmann ist ratlos. „Brunnen Nr.3 liegt im zukünftigen Roten Gebiet, wird aber nicht berücksichtigt als Messstelle, die zur Ausweisung des Gebiets geführt hat“, führt er sichtlich erbost aus. Zudem sei 2017 die letzte Verschärfung der Düngeverordnung erfolgt.  Man müsse erst mal die neue Situation abwarten und beurteilen. Aus dem letzten Nährstoffbericht des Landes Niedersachsen ist klar ersichtlich, dass die Verordnung wirkt und der Stickstoffeinsatz stark rückläufig ist, so die Landwirte. Dieser Nährstoffbericht führt auf, dass 2018/2019 31 000 Tonnen Stickstoff zu viel auf niedersächsische Äcker ausgebracht wurden. „Das hört sich erst mal viel an, bezogen auf die landwirtschaftliche Fläche in Niedersachsen sind das zirka 12 Kilogramm pro Hektar. Also ein sehr gut gefüllter 10 Liter-Eimer auf 10 000 Quadratmeter“, veranschaulicht Fabian Lehrke.

Es gibt derzeit in Deutschland keine einheitlichen Standards zur Messung von Nitrat, geschweige denn in der EU. Und genau diese Kommission hat Deutschland wegen der Nitratfrage verklagt. „Wir wollen, dass belastbare, europäisch einheitliche Daten ermittelt werden“, so Rathmann für die Protestierenden.

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