Pandemiebewältigung: Mehr Freiheiten für Geimpfte – mehr kostenpflichte Testungen für Ungeimpfte
In seiner Pressekonferenz am Dienstag, 10.08.2021, berichtete Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil von den Gesprächen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin. Zum Thema Corona-Pandemie stellte er zunächst fest, dass das Land im Bundesdurchschnitt mit etwa gleichbleibenden Niveau noch gut da stände, es aber trotzdem gelte, die 4. Welle möglichst klein zu halten. Dazu habe man über drei Themenbereiche gesprochen. „Wir sind jetzt allerdings auch mit besseren Schutzinstrumenten ausgestattet als zuvor“, so Weil mit Blick auf die Entwicklung.
Impfungen bleiben Thema Eins
Niedersachsen ist bei der Corona-Schutzimpfung gut vorangekommen: Mittlerweile sind mehr als 65 Prozent der Bürger mindestens einmal geimpft, mehr als 55 Prozent sind vollständig geimpft. Das Impftempo hat zuletzt jedoch deutlich nachgelassen. Mit einer großangelegten Werbekampagne in neun Sprachen sowie mit mobilen Impfangeboten wird in Niedersachsen alles darangesetzt, Unentschlossene oder auch Bequeme für eine Impfung zu gewinnen. Ministerpräsident Stephan Weil ruft auf: „Wir müssen ungeimpfte Menschen davon überzeugen, dass eine Impfung der beste Schutz vor einer schweren Erkrankung ist. Wer sich impft, schützt damit aber auch andere und trägt mit dazu bei, dass wir angesichts des hochansteckenden Deltavirus zu mehr Normalität zurückkehren können. Viele geimpfte Menschen tragen dazu bei, dass auch bei höheren Inzidenzen keine unmittelbare Überlastung des Gesundheitswesens droht. Deshalb können vor allem für geimpfte Personen zahlreiche Einschränkungen zurückgenommen werden. Dazu zählt unter anderem, dass für Gimpfte eine Quarantänepflicht grundsätzlich nicht mehr erforderlich ist, beispielsweise auch bei der Rückreise aus einem Hochrisikogebiet.“
Derzeit können elf Prozent nicht geimpft werden (Kinder), rund vier Prozent aus medizinischen Gründen nicht, aber 85 Prozent sind impffähig. Wer nicht geimpft ist oder werden will, muss sich dagegen regelmäßig testen lassen. Bund und Länder haben sich darauf verständigt, dass künftig eine erweitere Testpflicht auf Basis der 3G-Regel – Zutritt nur für geimpfte, genesene oder getestete Personen – bestehen soll. „Ich halte die 3G-Regel grundsätzlich für richtig und sinnvoll“, so Weil. „Der Schutzstandard wird damit in besonders gefährdeten Bereichen – also dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen – deutlich erhöht. Wer das kostenlose Impfangebot ablehnt, kann durch einen Test weiterhin gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilnehmen. Er muss dann allerdings ab dem 11. Oktober 2021 den Test selbst bezahlen.“
Tests und Zugangsregeln sind Thema Zwei
Die 3G-Regel soll laut MPK-Beschluss ab einer Inzidenz über 35 oder nach einem vergleichbaren erweiterten Indikatorensystem eines Landes in folgenden Bereichen gelten: für Besucher in Krankenhäusern sowie von Alten- und Pflegeheimen, in der Innengastronomie, bei Veranstaltungen in Innenräumen, bei körpernahen Dienstleistungen (Friseure, Kosmetik), Sport im Innenbereich (Fitness-Studios, Schwimmbäder, Sporthallen) sowie in Beherbergungsbetrieben. Zwar habe das OVG Lüneburg die Schließung von Discos wieder aufgehoben, die übrigen Regelungen aber bestehen gelassen.
Neben Geimpften und Genesenen sind von der Testflicht Kinder unter sechs Jahren sowie regelmäßig getestete Schülerinnen und Schüler ausgenommen. Die Testkosten werden weiterhin übernommen für Personen, die sich nicht impfen lassen können beziehungsweise für die keine Impfempfehlung vorliegt.
Für Bereiche mit einem besonders hohen Risiko für Mehrfachansteckungen (Großveranstaltungen, Diskos, Clubs) sollen mit den Gesundheitsämtern abgestimmte Hygienekonzepte gelten. Länder und Kommunen können weitere einschränkende Regelungen vornehmen, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. „Der Bund hat zugesagt, die Überbrückungshilfe zu verlängern. Dies halte ich für ausgesprochen wichtig, damit besonders von Einschränkungen betroffene Betriebe – vom Clubbetreiber bis zur gesamten Veranstaltungsbranche – weitere finanzielle Unterstützung erhalten können,“ sagt Weil.
Die Konferenzteilnehmer sind sich darüber einig, dass vor dem Hintergrund der hochansteckenden Delta-Variante weiterhin Basisschutzmaßnahmen für die gesamte Bevölkerung notwendig sind, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern. Dazu zählen Abstands- und Hygieneregeln sowie das Tragen medizinischer Schutzmasken im Einzelhandel und im ÖPNV.
Bewertungskriterien sind Thema Drei
In vielen Punkten folgt der MPK-Beschluss dem von Niedersachsen angestrebten Kurs, beispielsweise bezüglich der Basisschutzmaßnahmen, der 3G-Regel und kostenpflichtiger Tests für Ungeimpfte. In einem wesentlichen Punkt konnte jedoch keine Einigkeit erzielt werden. „Ich bedauere es sehr“, so Ministerpräsident Weil, „dass es keine gemeinsame Verständigung auf neue Parameter zur Lagebewertung gibt, die neben der Inzidenz auch den Impffortschritt und die Intensivbettenbelegung stärker berücksichtigen. Niedersachsen hält dies für geboten und hat das auch in einer Protokollnotiz zum Beschluss klar zum Ausdruck gebracht.“ Leider, so fügte Weil hinzu, erfolgte bei der Konferenz auch kein Auftrag an die Ministerien dazu.
Zum weiteren Schutz wird Niedersachsen zum Schulbeginn alle Schüler täglich testen und im Herbst mit den Auffrischungsimpfungen in Alten- und Pflegeheimen beginnen. Dazu will das Land die einzelnen Beschlüsse voraussichtlich am 23. August mit einer neuen Verordnung auf den Weg bringen. Darin sollen neue Bewertungskriterien berücksichtig werden – so die Krankenhausbelegung, die belegten Intensiv- und Beatmungsbetten sowie die Impfquote. Und auch die mögliche Ampelregelung, die andere Länder führen. Alles soll rechtzeitig vor Schulbeginn geregelt sein. Ministerpräsident Stephan Weil zum Abschluss: „Das wichtigste Instrument gegen die Pandemie lautet: Impfen schützt! Ich bitte alle ungeimpften Bürgerinnen und Bürger: Lassen Sie sich impfen, schützen Sie sich damit selbst, aber auch viele andere, insbesondere diejenigen, die sich nicht impfen lassen können und tragen Sie zu wieder mehr Normalität in unserem Alltag bei!“
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