Corona-Beschlüsse der neuen Gesprächsrunde von Kanzlerin und Ministerpräsidenten

Bislang hat Deutschland die Corona-Krise auch dank der engen und konstruktiven Zusammenarbeit der Länder untereinander und mit dem Bund gut bewältigt, so die Auffassung der Gesprächsrunde vom Dienstag, 29.09.2020. Der strategische Dreiklang aus allgemein geltenden Abstands- und Hygienemaßnahmen, einem konsequenten Test- und Nachverfolgungsverfahren sowie der gezielten Reaktion auf besondere Ausbruchsgeschehen hat sich bewährt. Insbesondere haben sich nach Auffassung der Runde  gemeinsame Leitlinien für die Bewältigung regional unterschiedlicher Infektionsgeschehen und Hotspots für ein bundesweit vergleichbares, aber regional angepasstes Vorgehen gegen eine unkontrollierte Ausbreitung des Sars-CoV-2 Virus bewährt.

Infektionszahlen steigen ohne Urtlauber
Die Warn-App sollte überall genutzt werden – Logo: BMinGes

Nun gilt es, nach der Urlaubszeit das innerdeutsche Infektionsgeschehen stärker in den Fokus zu nehmen. Der weit überwiegende Teil der Bevölkerung verhält sich dabei äußerst vernünftig und rücksichtsvoll. Leider zeigen die Erfahrungen in jüngster Zeit aber auch, dass das Verhalten Einzelner zur Entwicklung eines neuerlichen innerdeutschen Infektionsgeschehens beitragen kann. Insgesamt steigt die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 seit Ende Juli in Deutschland leider wieder an. In diesem Zusammenhang appellieren die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder nachdrücklich an die Verantwortung aller Bürgerinnen und Bürger, bei Bar-, Restaurant- und Veranstaltungsbesuchen durch Angabe richtiger und vollständiger Personendaten und Kontaktinformationen ein schnelles Erkennen und Eindämmen von Corona-Ausbrüchen zu unterstützen.

Schulen und Wirtschaft besonders im Blickpunkt

Vorrangiges Ziel muss sein, Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen im Präsenzbetrieb weiter zu betreiben sowie das Wiederanlaufen der Wirtschaft nach den empfindlichen Beschränkungen im Frühjahr und Sommer nicht zu gefährden.
Daher beschließen die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder:

Abstands- und Hygienemaßnahmen konsequent beachten

1. Bund und Länder betonen erneut, dass in Zeiten relevant erhöhter und steigender Infektionszahlen vorerst keine weiteren größeren Öffnungsschritte zu rechtfertigen sind. Vielmehr appellieren sie an alle Bürgerinnen und Bürger, die allgemeinen Abstands- und Hygienemaßnahmen wieder konsequent zu beachten und die Kontaktnachverfolgung durch ihre Mitwirkung bei der korrekten Datenerfassung zu ermöglichen. Hier soll ein Bußgeld von mindestens 50 Euro gelten. Ergänzend werden die Gaststättenbetreiber aufgefordert, durch Plausibilitätskontrollen dazu beizutragen, dass angeordnete Gästelisten richtig und vollständig geführt werden.

Schulen haben eine Sonderregelung – Grafik: JPH

2. Zu der allgemein gültigen Formel „AHA“ für 1,5 Meter Abstand halten, Hygiene, Tragen von Alltagsmasken ist gerade in der kalten Jahreszeit wichtig. Dazu sollte ein „C“ für Corona-Warn-App kommen und ein „L“ für Lüften hinzugefügt werden. Regelmäßiges Stoßlüften in allen privaten und öffentlichen Räumen kann die Gefahr der Ansteckung erheblich verringern. Auch raumlufttechnische Anlagen sollten helfen, dass die Frischluftzufuhr erhöht und der Aerosolgehalt der Luft reduziert wird. Dazu gibt es ein Förderprogramm zur Umrüstung raumlufttechnischer Anlagen mit einem Volumen von 500 Millionen Euro für die Jahre 2020 und 2021

Sonderregelung Schulen

Wo das regionale Pandemiegeschehen es für Schulen erfordert, kann im Einzelfall eine Maskenpflicht im Schulunterricht helfen, diesen Präsenzbetrieb zu sichern. Besondere Bedeutung hat in der kalten Jahreszeit das regelmäßige Lüften, das eine Verringerung der Virus-Konzentration bewirkt und damit das Infektionsrisiko in Räumen senkt.

Im Falle einer Infektion in der Schule genügt es, ein Cluster zu isolieren und den sonstigen Schulbetrieb aufrecht zu erhalten. Für symptomatische Schulkinder in der Herbst- und Winterzeit ist eine integrierte Teststrategie erforderlich, die genau definiert, wann ein Test sinnvoll ist. Und dazu ergänzend die dies mit einem schnellen Zugang zu einer regionalen Testmöglichkeit verbindet, sodass daraus möglichst keine Fehlzeiten entstehen.

Test- und Nachverfolgungsregeln

3. Bis zur Überarbeitung der Teststrategie und der Muster-Quarantäneverordnung auf der Grundlage des Beschlusses vom 27. August 2020 gelten die derzeitigen Regelungen fort. Die neue Teststrategie wird auch Regelungen zu neuen Schnelltest-Verfahren enthalten. So sollen zusätzlich zu den bisherigen Labortests in geeigneten Fällen vermehrt Schnelltests eingesetzt werden.

Stephan Weilunterstützt die gemeisanme Planung – Foto: JPH

4. Vor dem Hintergrund der auch in anderen Ländern steigenden Zahlen soll die im Beschluss vom 27. August 2020 verabschiedete Neuregelung der Einreisequarantäne schnellstmöglich erfolgen, sobald eine effektive Umsetzung der Quarantänepflicht insbesondere mittels einer effektiven Übermittlung der Einreiseanmeldung an die örtlichen Gesundheitsämter gewährleistet ist. Bund und Länder begrüßen vor diesem Hintergrund die seit gestern begonnene Kontrolle der Aussteige-Karten durch die Bundespolizei und die schnelle Bearbeitung in Kooperation mit der Deutschen Post. Angesichts der beginnenden Herbstferien appelliert die Runde erneut an alle Bürger, Reisen in Risikogebiete zu unterlassen.

Grippeimpfung empfohlen

5. Ein Zusammentreffen weiter steigender Corona-Infektionszahlen mit der zu erwartenden Grippewelle bringt in der Herbst- und Winterzeit eine besondere Aufgabe für das Gesundheitssystem. Dies gilt für die Krankenhäuser ebenso wie für die allgemeinen Hausarztpraxen. Um eine Überlastung der allgemeinen Strukturen zu verhindern, werden die Möglichkeiten des Einsatzes von Fieber-Ambulanzen, Schwerpunktsprechstunden und Schwerpunktpraxen genutzt. Dabei sollen die Behandlungswege so organisiert werden, dass die Infektionsrisiken minimiert werden. Zugleich sollten sich gerade auch Risikogruppen vorsorglich gegen die saisonale Grippe impfen lassen, um Klinikaufenthalte und eine möglicherweise besonders gefährliche Doppelinfektion zu vermeiden. Derzeit empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut die saisonale Influenzaimpfung für Senioren ab einem Alter von 60 Jahren, Menschen mit chronischen Grunderkrankungen, Schwangere, Bewohner in Alten- und Pflegeeinrichtungen sowie medizinisches Personal und beruflich besonders Exponierte.

6. Die Nachverfolgung von Infektionsketten und die darauf basierende Eindämmung des Pandemiegeschehens genießen weiter oberste Priorität. Kernpunkte dieser Vereinbarung ist eine Förderung des öffentlichen Gesundheitsdienstes mit einem Betrag von 4 Milliarden Euro durch den Bund bis 2026. Mit diesem Betrag sollen bei den Ländern insgesamt bis zu 5000 neue Stellen geschaffen werden, die Digitalisierung in den Gesundheitsämtern vorangetrieben und die Attraktivität des öffentlichen Gesundheitsdienstes für die Berufswahl gesteigert werden.

7. Die Bedeutung der vollständigen Kontaktnachverfolgung als zentralem Element, um eine dynamische Steigerung der Infektionszahlen zu unterbinden, wird betont.

Fortentwicklung der Hotspot-Strategie
Jede Art von maske hilft, sich und andere zu schützen – Foto: JPH

8. Ab einer gewissen örtlichen Fallzahl muss auf eine regionalen Anstieg mit hohen Neuinfektionszahlen und schnellem Anstieg der Infektionsrate sofort vor Ort mit Beschränkungen reagiert werden. Deshalb stellen die Länder sicher, dass in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit kumulativ mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern innerhalb der letzten 7 Tage sofort ein konsequentes Beschränkungskonzept unter Einbeziehung der zuständigen Landesbehörden umgesetzt wird.

Sofortmaßnahmen bei steigenden Zahlen

Bei einem verteilten regionalen Ausbruchsgeschehen und unklaren Infektionsketten müssen allgemeine Beschränkungen regional wieder konsequent eingeführt werden.

Leider haben die letzten Wochen gezeigt, dass gerade Feierlichkeiten im Familien- oder Freundeskreis Infektionen verbreiten können. Alle Bürgerinnen und Bürger werden daher gebeten, in jedem Einzelfall kritisch abzuwägen, ob, wie und in welchem Umfang private Feierlichkeiten notwendig und mit Blick auf das Infektionsgeschehen vertretbar sind. Bevorzugt sollen diese Zusammenkünfte im Freien abgehalten werden. In geschlossenen Räumen ist stets auf ausreichende Belüftung zu achten. Daher müssen bei einem ansteigenden Infektionsgeschehen insbesondere Maßnahmen wie Beschränkungen für private Feiern und Veranstaltungen, Verschärfungen bei der Maskenpflicht oder – um Infektionen in der Gastronomie zu minimieren – zeitlich eingegrenzte Ausschankverbote für Alkohol erlassen werden.

Hinsichtlich der Teilnehmerzahl bei privaten Feierlichkeiten werden die Länder Regelungen erlassen, wonach eine Höchstteilnehmerzahl festgelegt wird, wenn in einem Landkreis die 7-Tages-Inzidenz von 35 überschritten ist. Diese soll für Feierlichkeiten in öffentlichen oder angemieteten Räumen auf maximal 50 Teilnehmer festgelegt werden. In privaten Räumen wird dringlich empfohlen, keine Feierlichkeiten mit mehr als 25 Teilnehmern zu veranstalten. Wenn in einem Landkreis die 7-Tages-Inzidenz von 50 überschritten wird, sind weitere Maßnahmen zu erlassen. Insbesondere soll die Teilnehmerzahl auf höchstens 25 Teilnehmer in öffentlichen oder angemieteten Räumen festgelegt werden. In privaten Räumen wird dringlich empfohlen, keine Feierlichkeiten mit mehr als 10 Teilnehmern abzuhalten. Ausnahmen können für angemeldete Feierlichkeiten mit vom Gesundheitsamt abgenommenen Hygieneplänen zugelassen werden.

Zusätzlich werden die Länder bereits vor Erreichen einer 7-Tages-Inzidenz von 50 ein geeignetes Frühwarnsystem einrichten, um möglichst ein Überschreiten dieser Inzidenz zu vermeiden. Die Landesgesundheitsbehörden informieren darüber das Robert-Koch-Institut.

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