Hannover 96 gegen SV Elversberg – Abschied vom Aufstieg, aber wie!

Bei bestem Wetter und gut besuchter Heinz von Heiden Arena startete die vierte Partie der Mannschaft von Andre Breitenreiter gegen den SV Elversberg. Mit diesem Gegner hat Hannover 96 bisher vier Spiele absolviert, drei in der Liga, eins im Pokal. Und keins gewonnen: zwei gingen unentschieden aus, zwei wurden verloren. Das ist zumindest keine gute Ausgangsbasis für die Unentschieden-Könige aus Hannover. Trotzdem verbreitete der 96-Trainer Optimismus vor dem Spiel, dass man heute gegen den Tabellennachbarn drei Punkte einfahren könnte, wenn… ja, wenn man endlich einmal die eigenen Chancen verwerten könnte und diese Aktionen nicht erst dem Gegner überließe. Hier spielten außerdem die beiden besten Abwehrreihen der 2. Liga gegeneinander.
Geburtstagschoreographie der Fans
Mit einer fröhlichen Choreographie begrüßten die Hannover-Fans ihr Team zum 125-jährigen Geburtstag. Und dann ging’s los. Zwar machte Elversberg gleich Druck, aber nach wenigen Minuten hatte sich die Hausherren daraus befreit und zeigten ihrerseits die Zähne. So wurden die Saarländer gleich am eigenen 16-Meter-Raum an. Außerdem handelte sich die relativ ruppige Abwehr der Gäste bereits in der 8. Minute eine gelbe Karte für Sahin für ein Foul ein.
Nach der ersten Ecke von Hannover in der 12. Minute kam der Ball von rechts hoch rein, es gab einen „Nahkampf“ fast auf der Torlinie und dann kam der Ball zu Phil Neumann, der ihn schließlich zum 1:0 versenkte. Das beeindruckte die Gäste offensichtlich gar nicht, denn die Offensive der Saarländer wurde einfach wie bisher fortgesetzt. In der 19. Minute musste sich Joshua Knight in letzter Sekunde in einen aussichtsreichen Schuss der Gäste werfen – und bekam dafür Szenenapplaus.
In der 27. Minute holte sich dann Lukas Petkov die nächste gelbe Karte ab, als er einen Angriff der Roten rüde im Mittelfeld bremste. Wäre er letzter Mann gewesen, hätte das wohl Rot bedeutet.
Ein schönes Doppelpassspiel zwischen Tresoldi und Gindorf bis vors Tor in der 32. Minute wäre dann einen weiteren Treffer Wert gewesen. Stattdessen musste Zieler gleich im Gegenzug all sein Können aufbieten, um den Ausgleich zu verhindern. Mit dem leistungsgerechten 1:0 im Rücken und nur einer Minute Zulage ging es dann auch in die Pause. Stand jetzt wäre Hannover auf Tabellenplatz vier.
Zweite Halbzeit
Aus der Pause kam Elversberg mit einem Wechsel. Trainer Horst Steffen hatte Maxilimian Rohr ausgewechselt gegen Florian Le Joncour. Etwas mehr Offensive war nun angesagt. Die folgte dann auch gleich, und die Gäste kamen zu ihrer ersten Ecke von links. Damit geriet die rote Abwehr unerwartet von den 35.500 Zuschauern gehörig unter Druck, Paraden von Zieler und Co endeten schließlich mit einem Schuss im Fünfmeterraum links neben das Tor. Doch auch danach blieb Elversberg in Ballbesitz – druckvoll und dominant -, verfehlte das fest leere Tor erneut und kam zur zweiten Ecke. Diese Phase der Umklammerung meisterte die Breitenreiter-Truppe noch ohne Blessur und kam selbst wieder in der Vorwärtsgang – und zur zweiten Ecke, die aber ins Aus ging. Vor dort startete Elversberg umgehend den Gegenangriff über rechts, der Ball kam vors Tor und wurde dort durch Asllani ins Hannoversche Tor bugsiert – 1:1(54.). Das hatte sich nach dem Wiederanpfiff erstaunlicherweise angedeutet.
58. Minute verfehlt Tresoldi nur knapp mit dem Kopf das Tor. Breitenreiter bringt Hyujun Lee und Havard Nielsen für Rochelt und Gindorf. Doch Elversberg bliebt weiter allein am Drücker und erspielt sich Chance auf Chance. Hannover zu unkonzentriert im Vorwärtsgang, hinten „noch“ stabil, aber oft konfus. „Angsthasenfußball“ war das Stichwort nach dem Spiel.

Jeder schnelle Vorstoß wird wieder abgebremst oder in der gegnerischen Abwehr vertändelt. Die Ecken kommen zu flach und werden eine leichte Beute der schwarzen Saar-Abwehr. Von da geht es druch die Gäste dann immer wieder schnell nach vorn. In der 70. Minute holt sich auch Neubauer eine gelbe Karte ab, als er Muroya ins Aus mitreißt – ohne Ball-Anwesenheit.
Breitenreiter bringt Rabbi Matondo und Brooklyn Ezeh für Knight und Oudenne (71.). Steffen zieht nach und tauscht Sahin für Carlo Sickinger. Hannover inzwischen wieder auf Tabellenplatz sieben.
In der 78. Minute haben die Gäste die Nase endgültig vorn. Asllani wird vorm Strafraum frei angespielt, dreht sich und haut das Ding oben links unhaltbar für Zieler in die Ecke: Spiel gedreht, was nach Wiederanpfiff deutlich erkennbar war; Steffen ersetzt Sahin durch Frederik Schmal. Die Saarländer schießen nun aufs Hannoversche Tor ganz nach Belieben. Viele Pfiffen zeigen den Unmut der Zuschauer mit der Spielweise der Heimmannschaft. Dann bekommt auch Lee die gelbe Karte zu sehen, wohl eher nach einem Frustfoul.
Dominanz aus dem Saarland
Die Gäste ziehen nun auch nach Ecken davon. Es kommt noch Filimon Gerezgiher für den Ex-Hannoveraner Damar. Nach einer Ecke Tempogegenstoß, den Ngankam aber leichtfertig verspielt. Allerdings erleidet er dabei durch seinen Gegenspieler Stock eine schwere Verletzung – Waden- und Schienbeinbruch. Er wird vom Feld getragen. Der Schiri zeigt dafür nicht einmal gelb. Hannover muss die zusätzlichen vier Minuten mit zehn Mann zu Ende spielen, da das Auswechselkontingent erschöpft ist. In der Nachspielzeit tanzt dann Asllani erneut die rote Abwehr aus – so, als ob die keine Lust mehr hätte. Sein Tor wird videoüberprüft, er feiert vor der Fankurve, was nach der Verletzung von Ngankam gar nicht gut ankam im Stadion.
Dann hat Schiri Weisbach ein Einsehen und beendet die Partie: Am Ende harmlose Hannoveraner unterliegen Zuhause dem SV Elversberg mit 1:3 und darf sich noch glücklich schätzen, dass es am Ende nicht noch höher ausgefallen ist. Tabellenplatz nun die neun. Ade Aufstieg! Nach oben abgehängt, nach unten sicher.
Und abschließend für die Statistik: Nun stehen zwei Unentschieden drei Niederlagen gegenüber. Mit Pfiffen und einer dezidierten Ansprache entlassen die Fans der Nordkurve das Team – als nunmehr Tabellenneunter – in die Kabine.
Nach dem Spiel

„Ich kann mir das auch nicht erklären“, so der konsternierte Mannschaftskapitän Ron-Robert Zieler in seinem ersten Satz. Damit ist eigentlich alles zum Spielverlauf ehrlich und ungeschönt zusammengefasst, eine Halbzeit Top, die zweite wie eine Schülermannschaft. Aufstiegswillen oder -ambitionen nicht mal ansatzweise dargestellt.
„Wir sind unglücklich über die Verletzung des Spielers und in der Kabine sind wir nicht in Feierlaune“, so Gästetrainer Horst Steffen zu Anfang seines Statements in der Pressekonferenz. „Die erste Halbzeit ist nicht gut gelaufen für uns, aber in der Zweiten haben wir nach dem Ausgleich dann auch auf Sieg gespielt.“
Auch Trainer Breitenreiter sieht den Absturz seines Teams in der zweiten Halbzeit negativ, ohne die üblichen Beschwichtigungen: „Es war unser Unvermögen. Wir waren zu weit weg, hatten die Passwege falsch gespielt und die Kraft am Ball fehlte. Auch durch die Einwechselungen kamen keine neuen Impulse mehr.“ Und: „Wir haben dann nichts mehr nach vorne zustande gebracht, die Pfiffe sind berechtigt, helfen aber nicht. Wir haben uns ergeben.“ Dann fügt er den Satz zum Ziel „Aufstieg 2025“ hinzu, den man auch als Zusammenfassung der letzten drei Spiele sehen kann: „Das Thema hat sich mit so einer Leistung in der zweiten Halbzeit heute für mich erledigt.“
Schiedsrichter war Eric Weisbach mit Oliver Lossius, Thorben Siewert und Leonidas Exuzidis als Assistenten. Im Keller wirkt Patrick Ittrich.
SV Elversberg startet mit Nicolas Kristof, Elias Baum, Robin Fellhauer, Semih Sahin, Fisnik Asllani, Lukas Pinckert, Lukas Petkov, Tom Zimmerschied, Muhammed Damar, Maximilian Rohr und Maurice Neubauer.
Hannover 96 beginnt mit Ron-Robert Zeier, Joshua Knight Boris Tomiak, Phil Neumann, Fabian Kunze, Enzo Leopold, Nicolo Tresoldi, Jannik Rochelt, Sei Muroya, Lars Gindorf und Kolja Oudenne.
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